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Es wirkt ein wenig wie Handauflegen: Die Physiotherapeutin streicht über die Hand, fährt den Arm entlang, kreist über den Ellenbogen, ganz sanft. Mit ihren Handgriffen will sie gestaute Flüssigkeit aus dem Gewebe lösen. Geht das wirklich? Wissenschaftliche Studien liefern uneinheitliche Ergebnisse. Als Teil eines umfassenden Therapiekonzeptes kommt die sogenannte manuelle Lymphdrainage dennoch häufig zum Einsatz. 

Was bewirkt die Lymphdrainage?

Die manuelle Lymphdrainage regt den Lymphabfluss an. Über den Blutkreislauf gelangen Flüssigkeit und Nährstoffe ins Gewebe. Der Hauptteil wird wieder ins Blut abtransportiert, ein Teil verbleibt im Gewebe und sammelt sich zwischen den Zellen an. Diese Lymphflüssigkeit wird über Lymphbahnen wieder dem Blutkreislauf zugeführt.

Das Lymphgefäßsystem ist neben dem Blutkreislauf das wichtigste Transportsystem im Körper und spielt auch im Immunsystem eine wichtige Rolle. Wird der Lymphabfluss behindert, kann sich die Flüssigkeit im Gewebe stauen, was zu Schwellungen unter der Haut führt. Da die oberflächlichen Lymphbahnen nahe unter der Haut verlaufen, "können rhythmische, kreisende und pumpende Bewegungen den Abfluss anregen", erläutert Eva-Maria Streicher das Prinzip der Lymphdrainage. Die Physiotherapeutin leitet die Arbeitsgemeinschaft Lymphdrainage im Deutschen Verband für Physiotherapie.

Wichtig: Die Handgriffe erfolgen sehr sanft. Das unterscheidet das Verfahren auch von der Massage, bei dem der Masseur das Gewebe fest durchknetet und bearbeitet. Nur so kann er die tiefer liegende Muskulatur erreichen und diese lockern.

Wann ist eine Lymphdrainage hilfreich? Wann empfiehlt sie sich nicht?

Die Lymphdrainage kann immer dann helfen, wenn sich Lymphflüssigkeit im Gewebe staut und dadurch zum Beispiel ein Bein oder Arm anschwillt. Der Lymphabfluss kann nach einer Operation behindert sein, wenn der Hautschnitt die Lymphbahnen durchtrennt. Muss eine Frau operiert werden, weil sie an Brustkrebs leidet, bekommt sie danach nicht selten ein sogenanntes Lymphödem am Arm. "Durch regelmäßige – teilweise sogar tägliche – Lymphdrainage und Kompressionstherapie schwillt der Arm ab und die Schmerzen lassen nach", erklärt Physiotherapeutin Streicher.

Auch Menschen, die ein Lipolymphödem haben, profitieren oft von den sanften Handgriffen. Die meist angeborene Krankheit geht mit vermehrten Fetteinlagerungen in den Beinen einher, wodurch sich auch Lymphe staut. Neben diesen Einsatzgebieten kommt die Lymphdrainage unter anderem nach Sportverletzungen und bei einer Venenschwäche infrage.

Wer akut eine Thrombose hat, eine Infektion durchmacht oder an einer ausgeprägten Herzschwäche leidet, darf keine Lymphdrainage bekommen. Generell gilt: Ob die Therapie im Einzelfall geeignet erscheint, oder ob etwas gegen die Behandlung spricht, sollte mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.

Wer darf eine Lymphdrainage vornehmen? Kann man sie selbst machen?

Normalerweise führt die Lymphdrainage ein Physiotherapeut oder Masseurin durch. Beide müssen dafür eine spezielle Weiterbildung absolvieren. Auch manche Ärzte und Ärztinnen, zum Beispiel sogenannte Phlebologen, können Hand anlegen. Unter bestimmten Umständen gibt Ihnen der Therapeut Tipps für zu Hause oder zeigt Ihnen einfache Handgriffe, mit denen Sie selbst den Lymphabfluss anregen können. Ohne vorherige Anleitung empfehlen sich Eigenmaßnahmen nicht, da Sie die Stelle unter Umständen zu intensiv bearbeiten.

Lymphdrainage ist immer Teil einer Therapie

Die Lymphdrainage ist immer nur ein Baustein der Therapie. Denn in Kombination mit anderen Methoden ließen sich bessere Ergebnisse erzielen. So läuft die manuelle Lymphdrainage meistens ergänzend zu Krankengymnastik und Kompressionstherapie ab. Hierbei bekommen Sie beispielsweise den Arm bandagiert oder Sie tragen einen Kompressionsstrumpf, nachdem der Lymphabfluss angeregt wurde. "Durch den abschwellenden Effekt ermöglicht die manuelle Lymphdrainage häufig erst solche Maßnahmen", so Streicher.

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