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In Deutschland erkranken pro Jahr ungefähr 700 Männer und 70.000 Frauen am Mammakarzinom. Weil bei Männern der Krebs später entdeckt wird, haben sie eine geringere Überlebenschance.

Brustkrebs beim Mann tritt meist in der zweiten Lebenshälfte auf. Waren bereits Verwandte erkrankt, zum Beispiel Mutter oder Tante, sollten sich Männer nach ärztlicher Rücksprache auf Krebs-Mutationen testen lassen.

Wie Frauen produzieren Männer das Hormon Östrogen. Das ist normal. Doch ein erhöhter Östrogenspiegel oder ­eine gutartig vergrößerte Brust (Gynäkomastie) – zum Beispiel aufgrund von Übergewicht oder bestimmter Medikamente – sind Risikofaktoren für Brustkrebs.

Der Tumor entsteht auch beim Mann in den Brustdrüsen unmittelbar an der Brustwarze. Weil Männer viel weniger Brustdrüsengewebe haben als Frauen, ist schnell die gesamte Brust von Krebs betroffen und der Tumor streut in die Lymphknoten.

Der Tumor entsteht auch beim Mann in den Brustdrüsen unmittelbar an der Brustwarze. Weil Männer viel weniger Brustdrüsengewebe haben als Frauen, ist schnell die gesamte Brust von Krebs betroffen und der Tumor streut in die Lymphknoten.

Viele suchen zu spät einen Arzt auf

Es gibt vier Krebsstadien beim männlichen Brustkrebs. Stadium 1: Der Tumor bildet sich in einer Brustdrüse.

Es gibt vier Krebsstadien beim männlichen Brustkrebs. Stadium 1: Der Tumor bildet sich in einer Brustdrüse.

„Der Tumor entsteht in den Brustdrüsen, die auch beim Mann vorhanden sind“, sagt Professor Michael Untch, Chefarzt für Gynäkologie und Geburtshilfe am Berliner Helios Klinikum. Die Männer bemerken den Krebs häufig, wenn sie sich unter der Dusche einseifen. Sie spüren einen Knoten, dass sich die Brustwarze einzieht, oder Flüssigkeit austritt. Leider verlieren die Patienten oft wertvolle Zeit und gehen erst spät zum Arzt. Währenddessen wächst der Tumor und breitet sich in die umliegenden Lymphknoten aus. „Männer wissen nicht, wohin sie mit ihrem Problem an der Brust gehen sollen“, sagt Professorin Tanja Fehm, Direktorin des Klinikums für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität Düsseldorf. „Brustkrebszentren und Gynäkologen behandeln auch Männer – also keine Scheu!“

Männer fallen durch eine Versorgungslücke

Stadium 2: Der Krebs befällt die umliegenden Lymphknoten.

Stadium 2: Der Krebs befällt die umliegenden Lymphknoten.

Mehr wissenschaftliche Daten würden helfen. Denn männliche Patienten wurden über Jahrzehnte hinweg nicht in Studien integriert. „Sie fallen beim Brustkrebs durch eine Versorgungslücke“, sagt Tanja Fehm. Außerdem gebe es keine hundertprozentige Sicherheit, dass sich das Wissen einfach von Frau auf Mann übertragen lasse. „Schließlich sind das zwei unterschiedliche Körpersysteme“, sagt Michael Untch. Dennoch haben Mann und Frau etwa die gleichen Überlebenschancen, wenn der Krebs im selben Stadium entdeckt wird.

Da Männer viel weniger Drüsengewebe als Frauen haben, breitet sich der Tumor schnell in der gesamten Brust aus. „Daher entfernt man bei der Operation in der Regel die gesamte Brust, eine sogenannte Mastektomie“, sagt Fehm. Brusterhaltend zu operieren sei nur möglich, wenn der Tumor sehr klein ist. Laut Untch ist die Brustentfernung bei Männern in den meisten Fällen nötig, da der Tumor oft erst festgestellt wird, wenn er tastbar ist. Frauen erhalten die Diagnose meist früher, wenn sie regelmäßig an der Früherkennung teilnehmen.

Weitere Therapien nach der OP notwendig

Krebsstadium 3: Der Tumor wächst und ist größer als fünf Zentimeter.

Krebsstadium 3: Der Tumor wächst und ist größer als fünf Zentimeter.

Die Krankheit ist nach der Operation nicht besiegt. Der Tumor kann gestreut haben, Geschwülste an anderen Stellen im Körper bilden. Deshalb gibt es verschiedene Wege, das Rückfallrisiko zu senken. „In etwa einem Drittel der Fälle empfehlen wir Patienten eine Chemotherapie“, sagt Michael Untch. Die meisten Männer bekommen ­außerdem eine Anti-Hormontherapie, um das Östrogen im Körper zu hemmen. Zudem wird die Brust regelmäßig bestrahlt, um einen erneuten Tumor zu verhindern.

Ein Stechen in der Brust

Olaf Michel aus Ettenheim bei Freiburg juckt es eines Mittags an der rechten Brust. Er kratzt kurz und denkt sich nichts weiter. Als die Stelle am Abend wieder sticht, ist ihm klar: „Das ist nicht normal, das gehört da nicht hin.“ Der 67-jährige Fotojournalist wendet sich an seine Frau, die ihn auf seine Brustwarze aufmerksam macht. Sie ist nach innen gezogen. Drei Tage später bekommt Michel die Diagnose: Brustkrebs. Er schlägt direkt den untypischen, aber richtigen Weg zum Frauenarzt ein. Im Wartezimmer nimmt er die Blicke der Frauen wahr: „In dem Moment war es mir aber vollkommen egal. Ich habe etwas an der Brust, das soll verschwinden.“ Michel informiert sich ausführlich über die Krankheit. Auch deswegen liegen bei ihm zwischen Diagnose und Operation nur drei Wochen. Er durchläuft die typischen Stationen einer Brustkrebs-Behandlung.

Kräftezehrende Chemotherapie

Noch am selben Tag röntgt die Radiologin seine Brust, um den Tumor festzustellen. Dabei wird die Brust wie bei der Frau zusammengedrückt und bestrahlt – eine Mammographie. „Ich habe die Radiologin gefragt: Geht das bei Männern?“, erzählt Michel. „Sie sagte: Na klar, es gibt Frauen, die haben noch kleinere Brüste.“ Nach der Diagnose verläuft die Behandlung ähnlich wie bei Frauen. Eine Gewebeprobe wird entnommen. So lässt sich feststellen, ob der Tumor gut- oder bösartig ist und wie schnell er wächst.

Stadium 4: Metastasen sind in anderen Organen nachweisbar.

Stadium 4: Metastasen sind in anderen Organen nachweisbar.

Sein Tumor ist zweieinhalb Zentimeter groß. Die Ärztinnen und Ärzte raten ihm, die ganze rechte Brust zu entfernen. Für ihn keine Frage: „Ich muss auf keinen Schönheitswettbewerb mehr gehen.“ Nach der überstandenen Operation macht er Urlaub an der Nordsee: „Das war eine herrliche Ablenkung.“ Zurück in Ettenheim die Schock-Nachricht: Ihm wird eine Chemotherapie angeraten – damit hat er nicht gerechnet.

Die erste Behandlung verträgt er gut. Doch dann bekommt er Kreislaufprob­leme, die Haut an seinen Händen schält sich, Finger­nägel blättern ab. In kürzester Zeit verliert er vierzehn Kilo Gewicht – von 86 auf 72 Kilogramm. Sein Mundraum ist entzündet, feste Nahrung kann er nicht zu sich nehmen: „An diesem Punkt war klar, wir müssen die Chemo aussetzen. Ich konnte nicht mehr.“

Regelmäßige Kontrolltermine notwendig

Michel atmet noch schwer. Neun Monate sind seit der Diagnose vergangen. Er ist trotzdem beruhigt. Bei der Nachsorge-Untersuchung sah alles gut aus, jetzt geht es für ihn zur Reha in den Schwarzwald. „Es hätte auch ganz anders ausgehen können“, sagt er. Neben den Kontrollterminen nimmt er für die nächsten fünf Jahre einen Östrogen-Hemmer. Mitleid möchte er nicht, sondern sein altes Leben zurück. Und vor allem: Er will informieren und anderen Männern seine Geschichte erzählen.


Quellen:

  • Cardoso F, Bartlett J, Slaets L et al. : Characterization of male breast cancer: results of the EORTC 10085/TBCRC/BIG/NABCG International Male Breast Cancer Program. . Annals of oncology : official journal of the European Society for Medical Oncology: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Fehm T, Reinhardt F: Neue Studien und ein gesteigertes Bewusstsein für Brustkrebs bei Männern sind notwendig. Kompass Onkologie: https://www.karger.com/... (Abgerufen am 01.02.2023)
  • Würstlein R, Hesser A, König A et al.: Tastbefund an der Brust: Auch bei Männern immer abklären!. Im Focus Onkologie: https://cdn0.scrvt.com/... (Abgerufen am 01.02.2023)