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AV-Block - kurz erklärt

Bei einem AV-Block ist die Überleitung der Erregung vom Vorhof auf die Kammern behindert oder unterbrochen. Im schlimmsten Fall kann das bis zum Herzstillstand führen. Der Arzt diagnostiziert einen AV-Block anhand des EKGs. Zur Behandlung kommen bei akuten Problemen eventuell Medikamente infrage, bei einem höhergradigen und dauerhaften AV-Block hilft aber letztendlich nur ein Herzschrittmacher.

Was ist ein AV–Block?

Die Diagnose AV–Block (Atrioventrikular-Block) besagt, dass die Erregungsleitung zwischen den Vorhöfen (Atrium = Vorhof) und den Herzkammern (Ventrikel = Herzkammer) mehr oder weniger stark gestört ist. Während das Herz normalerweise 60 bis 80 Mal in einer Minute schlägt, kann die Herzfrequenz (Puls) bei einer AV-Blockierung unter 40 Schläge pro Minute abfallen. Wird die Erregungsleitung hochgradig blockiert, ist sogar – ein zumindest vorübergehender – Herzstillstand möglich.

Eine Ansammlung spezialisierter Zellen im rechten Vorhof, der sogenannte Sinusknoten, gibt den Takt an, mit dem sich der Herzmuskel koordiniert zusammenzieht und erschlafft. Die vom Sinusknoten ausgehende elektrische Erregung breitet sich über die Muskulatur der beiden Vorhöfe aus. Schließlich trifft sie auf den sogenannten AV-Knoten (Atrioventrikularknoten). Er befindet sich im oberen Teil der Herzscheidewand. Von dort erreicht die Erregung über weitere spezielle Muskelfasern (His-Bündel und Purkinje-Fasern) die Muskulatur der Herzkammern.

Bei einem AV-Block ist die Reizübertragung von den Vorhöfen auf die Kammer im AV- Knoten verlangsamt oder unterbrochen.

AV-Block: Schweregrade

Ein AV-Block kann in drei Schweregraden auftreten:

• AV-Block I. Grades: Die Reizübertragung funktioniert noch, ist jedoch zeitlich verzögert.

• AV-Block II. Grades: Hier unterscheidet man zwei Typen.

Beim Typ Wenckebach nimmt die Leitungsverzögerung im AV-Knoten von Schlag zu Schlag langsam zu, bis eine Vorhoferregung gar nicht mehr übergeleitet wird.

Der AV-Block II Typ Mobitz ist definiert durch den plötzlichen Ausfall einer Erregungsüberleitung, ohne, dass dem eine zunehmende Leitungsverzögerung vorausgeht.

• AV-Block III. Grades: Es findet gar keine Reizüberleitung vom Vorhof auf die Kammer mehr statt.

Ursachen

AV-Blockierungen betreffen bevorzugt das höhere Alter. Denn damit kommt es zu einer vermehrten Einlagerung von Fasergewebe und gleichzeitig zum Verlust spezifischer Muskelfasern. Das männliche Geschlecht ist davon häufiger betroffen. Ein AV-Block kann aber auch durch eine Vielzahl von anderen Ursachen oder Erkrankungen bedingt sein. Einige Beispiele:

  • Erhöhte Erregbarkeit des Vagusnerves
  • Medikamente
  • entzündliche Herzerkrankungen
  • Infektionen
  • Herzinfarkt
  • Schäden des Reizleitungssystems nach einer Herzoperation
  • Störungen im Salz-Wasser-Haushalt des Körpers
  • Angeborener AV-Block

Erhöhte Erregbarkeit des Vagusnervs (Vagotonus)

Der Vagusnerv ist Teil des parasympathischen Nervensystems, das als Gegenspieler zum sympathischen Nervensystem dient. Beide bilden das vegetative Nervensystem, welches zahlreiche Körperfunktionen steuert. Der Vagusnerv verlangsamt den Herzschlag. Ist die Erregbarkeit des Vagusnerven akut oder auch chronisch erhöht, kann es damit zu einer erniedrigten Herzfrequenz und/oder zu einer verlangsamten Erregungsleitung im AV-Knoten kommen. Diese Form der AV-Überleitungsstörung (AV-Block I oder II Typ Wenckebach) findet sich nicht selten bei Sportlern. Sie normalisiert sich in der Regel bei körperlicher Anstrengung.

Übrigens: Das Herz von Sportlern schlägt generell häufig langsamer, zum Teil mit nur etwa 40 Schlägen pro Minute im Ruhezustand. Das liegt jedoch nicht an einem AV-Block, sondern an dem Einfluss des Vagusnerven auf den Sinusknoten. Das Herz arbeitet deshalb mit einer niedrigeren Frequenz.

Medikamente

Insbesondere Mittel, welche den Herzrhythmus verlangsamen, können unter Umständen einen AV-Block verursachen. Dazu gehören Betablocker, Kalziumkanalblocker vom Verapamiltyp und Digitalis-Präparate.

Entzündliche Herzerkrankungen und Infektionen

Eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis), Infektionskrankheiten wie Borreliose, Tuberkulose, Toxoplamose, Syphilis sowie Erkrankungen wie eine Amyloidose oder Sarkoidose können die Erregungsleitung im Herz stören oder behindern.

Herzinfarkt

Ist durch Verschluss eines Herzkranzgefäßes Gewebe betroffen, das die elektrischen Impulse von den Vorhöfen an die Kammern weiterleitet, kann es zu einem AV-Block kommen.

Schäden des Reizleitungssystems nach einer Herzoperation

Beim herzchirurgischen oder kathetergeführten (TAVI) Ersatz einer Aortenklappe kann das Erregungsleitungssystem geschädigt werden. Dadurch kann ein AV-Block entstehen.

Störungen im Salz-Wasser-Haushalt des Körpers

Blutsalze (Elektrolyte) wie Natrium und Kalium stehen stets in einem bestimmten Verhältnis zueinander. Sie spielen bei der Reizübertragung eine wichtige Rolle. Bestimmte Krankheiten (zum Beispiel Nierenerkrankungen) können die Menge der Blutsalze verändern. Befindet sich zum Beispiel zu viel Kalium im Blut (Hyperkaliämie), kann das zu einem AV-Block führen.

Kann ein AV-Block wieder verschwinden?

Das hängt von der Ursache ab. Stecken zum Beispiel Medikamente hinter der Reizleitungsstörung, normalisiert sich der Herzrhythmus nach dem Absetzen normalerweise wieder. Ebenso kann das nach einem Hinterwandinfarkt der Fall sein. Ist das Reizleitungssystem jedoch dauerhaft geschädigt, zum Beispiel durch einen Infarkt der Herzvorderwand, bleibt der AV-Block bestehen.

Symptome

Einen AV-Block ersten Grades bemerken die Betroffenen normalerweise nicht.

Beim AV-Block zweiten oder dritten Grades jedoch verlangsamt sich die Herzfrequenz. Das Herz pumpt nicht mehr genug Blut durch den Körper. Die Organe werden schlechter mit Sauerstoff versorgt, was sich vor allem im Gehirn bemerkbar macht.

Symptome eines AV-Blocks können damit sein:

  • Müdigkeit, Erschöpfung
  • geringe körperliche Belastbarkeit (zum Beispiel Schwierigkeiten beim Treppensteigen)
  • Schwindel
  • "Schwarzwerden" vor den Augen
  • Bewusstlosigkeit
  • im Extremfall Herz-Kreislauf-Stillstand (Adam-Stokes-Anfall)

Die Symptome sind jedoch nicht sehr spezifisch. So können Beschwerden wie Schwindel oder chronische Müdigkeit auch Ausdruck anderer Krankheiten sein. Es empfiehlt sich in jedem Fall, den Arzt aufzusuchen und die Ursache abklären zu lassen.

Diagnose

Das Beschwerdebild von Patienten mit höhergradiger AV-Überleitungsstörung ist zunächst eher unspezifisch. Betroffene klagen über Schwindel, Benommenheit, Konzentrationsschwäche, eventuell auch über Ohnmachtsanfälle. Der Arzt kann leicht den verlangsamten Puls feststellen. Dann ist es für ihn wichtig zu wissen, ob und in welcher Dosierung der Patient pulsverlangsamende Medikamente einnimmt. Dazu gehören zum Beispiel Betablocker oder Digitalispräparate.

Die wichtigsten Diagnoseverfahren sind das EKG (Elektrokardiogramm) sowie das Langzeit-EKG. Denn ein AV-Block tritt häufig nur vorübergehend auf. Beim Langzeit-EKG wird ein EKG über 24 Stunden oder länger mit einem kleinen tragbaren Aufnahmegerät festgehalten und anschließend ausgewertet. Im EKG lässt sich die Fortleitung der elektrischen Erregung vom Vorhof (kleine "P"-Welle) bis zur Herzkammer (große "R" -Zacke) genau nachverfolgen. Beträgt das zeitliche Intervall zwischen dem Beginn der P-Welle und der R-Zacke mehr als 200 Millisekunden, zeigt dies bereits eine Leitungsstörung zwischen Vorhof und Kammer an.

Nur sehr selten ist eine elektrophysiologische Untersuchung mit Herzkatheter nötig, um einen vermuteten AV-Block sicher nachzuweisen.

Mann bei der EKG-Untersuchung

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Therapie

Medikamente

Führt ein AV-Block zu Beschwerden, können in manchen Fällen Medikamente über einen Zugang direkt in die Vene (intravenös) helfen.

Medikamente, welche die AV-Überleitung bei akut auftretenden Beschwerden verbessern, sind sogenannte Parasympatholytika oder Sympathomimetika. Parasympatholytika greifen in das parasympathische Nervensystem ein und hemmen die Effekte des Vagusnerven im Körper. Sympathomimetika verstärken dagegen die Wirkungen des sympathischen Nervensystems, das den Herzschlag beschleunigt.

Herzschrittmacher

Um einen höhergradigen AV-Block dauerhaft zu behandeln, kommt eigentlich nur die Therapie mit einem Herzschrittmacher in Betracht. Schlägt das Herz noch ausreichend schnell und regelmäßige genug (ausreichender Ersatzrhythmus), ist die Dringlichkeit für den Einbau (Implantation) des Schrittmachers jedoch nicht so hoch. Auch bei einem angeborenen AV-Block und gutem Ersatzrhythmus versuchen Ärzte den Einbau des Schrittmachers bis ins frühe Erwachsenenalter hinauszuschieben.

Manchmal überbrückt ein nicht dauerhaft, sondern nur vorrübergehend (temporär) angelegter Herzschrittmacher die Zeit, bis entweder der dauerhafte Schrittmacher implantiert oder aber das den AV-Block auslösende Problem beseitigt ist. Diese temporären Herzschrittmacher werden im Gegensatz zu den dauerhaften nicht komplett in den Körper eingebaut, sondern das Schrittmachergerät liegt außerhalb des Herzens. Von dort führen Kabel über die Arm- oder Halsvenen bis zum Herzen.

Beratender Experte

Professor Dr. med. Wolfram Delius ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Er habilitierte sich an der medizinischen Universitäsklinik Uppsala, Schweden, und hatte anschließend eine außerordentliche Professur für Medizin an der Technischen Universität München inne. Der Herzspezialist war lange Zeit als Chefarzt tätig, zuletzt zwei Jahrzehnte an der Abteilung Kardiologie/Pneumologie am Städtischen Krankenhaus München-Bogenhausen (Akademisches Lehrkrankenhaus). Inzwischen führt er eine eigene Praxis.

Profesor Delius wirkt seit Jahren aktiv bei Fortbildungsveranstaltungen der Bayerischen Ärztekammer mit und wurde mit der Ernst von Bergmann Plakette der Bundesärztekammer ausgezeichnet.

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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

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