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Kurz zusammengefasst

Fast jeder Mensch kennt das: Hin und wieder blutet das Zahnfleisch. Dahinter steckt wahrscheinlich eine gängige Zahnfleischentzündung, die durch Bakterien in Zahnbelägen ausgelöst wird. Wer die Zähne und Zahnzwischenräume trotz Blutung gewissenhaft putzt, wird die Entzündung schnell wieder los. Was Sie noch machen können, lesen Sie hier.

Was ist eine Zahnfleischentzündung?

In der Mundhöhle leben schädliche und nützlicheBakterien. Vereinfacht gesagt ernähren sich die schädlichen Arten von Essensresten und bilden Beläge auf den Zähnen. Dabei sondern sie Stoffe ab, die Entzündungen fördern. So entsteht in der Nähe von Zahnbelägen eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis). Dabei rötet sich in den meisten Fällen das Zahnfleisch und schwillt an. Entzündetes Zahnfleisch neigt außerdem dazu, zu bluten – zum Beispiel beim Zähneputzen. Bei einer stark ausgeprägten Entzündung kann das Zahnfleisch auch bei leichter Berührung oder spontan bluten.

Chronische Zahnfleischentzündung

Reizen die bakteriellen Stoffe aus Belägen länger das Zahnfleisch, kann sich eine chronische Zahnfleischentzündung entwickeln. Die Symptome Blutung und Rötung sind oft weniger stark ausgeprägt als bei akuten Entzündungen. In diesem Stadium können bereits Zahnhälse frei liegen, wenn sich das Zahnfleisch zurückzieht. Schmerzen sind nicht üblich. Jedoch kann sich die chronische Gingivitis weiter ausbreiten und zu einer Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparates) werden, wenn sich die Entzündung unterhalb des sichtbaren Zahnfleischs – zwischen Zahnwurzel und Kieferknochen – ausbreitet.

Aggressive Form der Zahnfleischentzündung

Es existiert auch eine seltene Form der Zahnfleischentzündung: die akute nekrotisierende ulzeröse Gingivitis – kurz ANUG genannt. Diese beginnt schlagartig und zerstört das Zahnfleisch kraterförmig von oben nach unten, Blutung und heftigen Schmerz eingeschlossen. Dazu stellen sich typische Zeichen eines Infekts mit Fieber und Abgeschlagenheit ein. Warum sich diese bakterielle Entzündung ausbreitet, ist bislang nicht vollständig geklärt. Betroffene sollten sich dringend in zahnärztliche Behandlung begeben, um die Ausbreitung zu stoppen.

Was ist Zahnfleisch?

Das Zahnfleisch (Gingiva) gehört zur Mundschleimhaut und ist normalerweise blass-rosa und blutet nicht. Das Zahnfleisch ist fest an den Kieferknochen angewachsen. Über dem Knochen umschließt es die Zahnhälse und geht pyramidenförmig in die Zahnzwischenräume. Dadurch schützt das Zahnfleisch den darunter liegenden Kieferknochen, die Zahnwurzel und die Fasern, an denen der Zahn befestigt ist, vor eindringenden Bakterien. Allerdings ist der „letzte Millimeter“ Zahnfleisch – der Zahnfleischsaum – nicht angewachsen. Dadurch können an dieser Stelle Bakterien in die Tiefe wandern.

Das Zahnfleisch ist am Kieferknochen angewachsen. Der Zahnfleischsaum liegt unbefestigt am Zahn an.

Das Zahnfleisch ist am Kieferknochen angewachsen. Der Zahnfleischsaum liegt unbefestigt am Zahn an.

Ist es eine Zahnfleischentzündung, wenn das Zahnfleisch blutet?

Wenn das Zahnfleisch über einen längeren Zeitraum blutet, sollten Sie Ihren Zahnarzt oder Ihre Zahnärztin aufsuchen. Denn blutendes Zahnfleisch heißt entzündetes Zahnfleisch. Diese Entzündung kann auch den Zahnhalteapparat betreffen und wird als Parodontitis, fälschlicherweise als Parodontose, bezeichnet. Dann schwindet der Kieferknochen, die Zähne fangen an zu wackeln und können letztlich herausfallen.

Durch Zahnbeläge entzündet sich das Zahnfleisch. Reizen die Beläge länger das Gewebe, wandert die Entzündung womöglich Richtung Knochen und zerstört diesen.

Durch Zahnbeläge entzündet sich das Zahnfleisch. Reizen die Beläge länger das Gewebe, wandert die Entzündung womöglich Richtung Knochen und zerstört diesen.

Wichtig: Das Warnsignal Zahnfleischbluten kann auch fehlen. Bei Raucherinnen und Rauchern ist das häufig der Fall. Denn Nikotin bewirkt, dass die Mundschleimhaut schlechter durchblutet wird. Folglich blutet sie auch weniger – obwohl sie entzündet ist. So wird eine bestehende Gingivitis womöglich übersehen.

Blutverdünnende Medikamente wie Acetylsalicylsäure (ASS) verstärken wiederum die Blutung.

Eher selten hat Zahnfleischbluten andere Ursachen, etwa falsches Zähneputzen. Wer die Zähne mit viel Druck "schrubbt", schadet dem empfindlichen Zahnfleisch.

Auch Karies kann das benachbarte Zahnfleisch reizen und zur Blutung führen.

Wieso entsteht eine Zahnfleischentzündung?

Die meisten Zahnfleischentzündungen entstehen aufgrund von Zahnbelägen, die auch dentale Plaque oder Biofilm genannt werden. Die Ursache ist also fehlende oder unzureichende Mundhygiene.

Die Menge der Zahnbeläge, die zu einer Entzündung führt, ist individuell. Bei manchen Menschen reicht schon ein dünner Biofilm aus, während bei anderen selbst ein dicker Biofilm kaum Beschwerden verursacht. Wie schnell sich das Zahnfleisch entzündet, begünstigen auch folgende Faktoren:

  • Hormonschwankungen wie zum Beispiel durch die Schwangerschaft oder eine Verhütung mit der Pille
  • Wenig Speichelfluss durch bestimmte Medikamente, zum Beispiel gegen Depressionen (Antidepressiva), oder nach Bestrahlung im Kopfbereich
  • Chronische Stoffwechsel-Erkrankungen wie Diabetes mellitus
  • bestimmte Medikamente aus der Gruppe der Blutdrucksenker, der krampflösenden Mittel (Antiepileptika) und der Antibiotika
  • Geschwächtes Immunsystem, beispielsweise durch immununterdrückende Medikamente (Immunsuppressiva) oder Erkrankungen wie Aids und Krebs
  • Genetische Veranlagung
  • Stress
  • Rauchen
  • Mangelernährung

Was kann man gegen eine Zahnfleischentzündung machen?

Wer den Biofilm – also die Zahnbeläge – von allen Zahnflächen samt Zwischenräumen täglich entfernt, wird die Zahnfleischentzündung (Gingivitis) innerhalb weniger Tage wieder los.

Elektrische Zahnbürsten, genauer oszillierend-rotierende mit einem runden Aufsatz, gleichen Putzfehler besser aus. Studien haben gezeigt, dass bei gleicher Putzdauer weniger Beläge übrig bleiben als bei Handzahnbürsten. Für die Zahnzwischenräume müssen spezielle Hilfsmittel verwendet werden: Interdental-Bürstchen oder Zahnseide.

Unterstützend zu einer gewissenhaften Zahnreinigung können Mundspül-Lösungen angewendet werden, die das Bakterienwachstum hemmen und Entzündungen stoppen. Gut wirksam gegen Gingivitis sind nachweislich Mundspülungen aus Chlorhexidin und ätherischen Ölen. Wer vorbeugend dauerhaft Chlorhexidin verwenden möchte, sollte eine geringe Konzentration von 0,06 Prozent wählen. Bei kurzer Anwendung von zwei bis vier Wochen sind 0,1 bis 0,2 Prozent wirksamer gegen die akute Entzündung. Allerdings sind die Nebenwirkungen von Chlorhexidin zu beachten. Es kann sein, dass sich vorübergehend die Zunge und Zähne verfärben oder dass Speisen anders oder weniger intensiv schmecken. Im Detail können Zahnärztinnen und Zahnärzte aufklären.

Was könnte ich noch gegen Zahnfleischentzündungen tun?

  • Zahnstein entfernen lassen: Hat sich aus alten Zahnbelägen bereits Zahnstein gebildet, sollte dieser von einem Zahnarzt oder einer Zahnärztin entfernt werden. Zahnstein ist wie eine Burg für Bakterien, zumal neue Beläge leicht an der rauen Oberfläche des bereits bestehenden Zahnsteins kleben bleiben.
  • Zahnersatz checken lassen: Drücken Brücken oder Prothesen, kann auch das die Ursache für eine Entzündung sein. Bereits mit Zahnersatz versorgte Zähne haben keine natürliche Abwehr an den künstlichen Oberflächen, sodass sich dort gerne Belag bildet. Außerdem können zum Beispiel alte Kronen am Übergang zum Zahn abstehen. Die entstandenen Spalten, in denen sich Bakterien sammeln, sind schwer mit den Borsten einer Zahnbürste zu erreichen. Eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt repariert oder glättet den Zahnersatz und prüft, ob die Schleimhaut auf das Material empfindlich reagiert. Das Ziel ist, die Mundhygiene für zu Hause zu erleichtern und Entzündungen zu reduzieren.
  • Fluoridierte Zahnpasta benutzen: Eine klare Empfehlung ist, grundsätzlich fluoridierte Zahnpasta für Erwachsene und Kinder in der jeweils angepassten Konzentration zu verwenden. Neben Vorbeugung von Karies haben die Fluorid-Salze Amin- und Zinnfluorid eine nachgewiesene antibakterielle Wirkung. Es existieren noch weitere Inhaltsstoffe, die in Zahnpflege-Produkten angewendet werden und die Bakterien reduzieren sollen. Ein Beispiel ist eine Mischung aus ätherischen Ölen, die unter anderen Menthol enthält.

Was sollte man bei Zahnfleischentzündung nicht tun?

Zwei Empfehlungen:

  • Falsch wäre es, auf das Zähneputzen zu verzichten: Obwohl und gerade wenn das Zahnfleisch blutet, sollten Sie die Zähne gut putzen und das Zahnfleisch von Rot nach Weiß ausstreichen. Eine richtige Putztechnik und mindestens zwei, besser drei Minuten, konzentriert Zahn für Zahn putzen ist für den Erfolg entscheidend. Bitte auch den Zahnzwischenraum (Interdentalraum) regelmäßig von Belägen mithilfe von Interdentalbürstchen oder Zahnseide befreien.
  • Verzichten Sie möglichst aufs Rauchen: Rauchen verschleiert die Entzündung, verlangsamt die Heilung und steigert das Risiko fast um das Dreifache, dass sich daraus eine Parodontitis entwickelt. Wem es schwerfällt, von Zigaretten wegzukommen, spricht am besten mit der Zahnärztin oder dem Zahnarzt über Möglichkeiten der Raucherentwöhnung.


Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten.

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Quellen:

  • Auschill T et al.: S3 Leitlinie Chemisches Biofilm-Management. online: 016_S3_Chemisches_Biofilmmanagement_lang_2020.pdf/... (Abgerufen am 04.05.2024)
  • Einführung in die Zahnerhaltung, Prüfungswissen Kariologie, Endodontologie und Parodontologie, Hellwig E et al.

  • Ccahuana-Vasquez RA et al.: A 5-week randomized clinical evaluation of a novel electric toothbrush head with regular and tapered bristles versus a manual toothbrush for reduction of gingivitis and plaque. Online: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 11.04.2024)
  • Farbatlas und Lehrbuch der Mundschleimhaut Erkrankungen, 3. Auflage, Strassburg M et al.

  • Wolf H et al.: Farbatlanten der Zahnmedizin, Parodontologie.. In: Online: 01.01.2012, https://doi.org/...