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Weitsichtigkeit - kurz erklärt

Bei einer Weitsichtigkeit ist entweder der Augapfel zu kurz oder aber die Brechkraft der Linse zu niedrig. Ein scharfes Bild entsteht so erst hinter der Netzhaut.

Kinder und junge Erwachsene können Weitsichtigkeit zumindest teilweise oft noch durch eine stärkere Wölbung der Linse im Rahmen der sogenannten Akkomodation ausgleichen. Irgendwann ist dies aber nicht mehr möglich und vor allem nahe Gegenstände erscheinen Weitsichtigen dann unscharf. Dies führt zu Schwierigkeiten beim Lesen.

Eine Brille oder Kontaktlinsen, in manchen Fällen auch eine Operation, beispielsweise mit Laser, können bei Weitsichtigkeit helfen, den Sehfehler auszugleichen.

Was ist Weitsichtigkeit?

Bei Weitsichtigkeit (Hyperopie, Hypermetropie) handelt es sich um eine Form der Fehlsichtigkeit. Weitsichtige halten Bücher und Zeitschriften gerne am gestreckten Arm von sich weg, um sie zu lesen. Denn während sie in jungen Jahren weit entfernte Gegenstände besser erkennen können, erscheint ihnen Nahes unscharf.

Die beim Blick in die Ferne nahezu parallel in das Auge einfallenden Lichtstrahlen werden bei Weitsichtigkeit so gebündelt, dass ein scharfes Bild eines Objektes erst hinter der Netzhautebene entsteht. Der Weitsichtige kompensiert dies, indem er die Brechkraft seiner Linse durch die Aktivität seines sogenannten Ziliarmuskels verändert. Ein Vorgang, der Akkomodation genannt wird (siehe Abschnitt "Was ist die Ursache für Weitsichtigkeit?").

Diese Taktik funktioniert bei weit entfernten Gegenständen und in jungen Jahren oft gut. Bei sehr nahen Gegenständen wird es jedoch schwieriger, da die Erhöhung der Linsenbrechkraft begrenzt ist. Etwa ab dem Alter von vierzig Jahren nimmt zusätzlich die Elastizität der Linse und damit auch ihre Brechkraft ab (Alterssichtigkeit), so dass sich die Beschwerden einer Weitsichtigkeit verstärken und auch das Sehen in die Ferne abnimmt.

Was ist eine Dioptrie?

Die Brechkraft des Auges wird in der Maßeinheit Dioptrie (dpt) gemessen. Der Normalwert für ein gesundes Auge bei großer Entfernung beträgt etwa 60 bis 65 dpt. Bei Fehlsichtigkeit weicht die Zahl von diesem Wert ab. Wie stark die Abweichung im Einzelfall ist, wird mit einem Plus bei Weitsichtigkeit (zum Beispiel +3) und einem Minus bei Kurzsichtigkeit angegeben.

Was ist die Ursache für Weitsichtigkeit?

Für eine Weitsichtigkeit gibt es zwei verschiedene Ursachen:

1) Der Augapfel ist im Verhältnis zu kurz (Achsenhypermetropie oder Achsenhyperopie).

2) Die Brechkraft des Systems Hornhaut-Linse-Glaskörper ist zu gering (Brechungshyperopie oder Brechungshypermetropie).

Häufiger ist die Achsenhyperopie, der zu kurze Augapfel ist meist angeboren. Die eher seltene Brechungshyperopie kann verschiedene Hintergründe haben.

Richtet man den Blick in die Ferne, fallen die von einem bestimmten Punkt am Horizont ausgehenden Lichtstrahlen nahezu parallel in das Auge ein. In entspanntem Zustand entstünde bei einem Weitsichtigen aufgrund der im Verhältnis zur Augapfellänge zu geringen Brechkraft des Auges dann erst hinter der Netzhaut ein scharfes Bild, da eine Bündelung zu einem Punkt erst hier erfolgt (siehe Abbildung).

Der Weitsichtige kann die im Verhältnis zur Augapfellänge zu geringe Brechkraft der Linse aber entweder ganz oder teilweise ausgleichen, indem er sich einen Mechanismus zu Nutze macht, den wir für das Sehen in der Nähe benötigen: Die sogenannte Akkomodation.
Der Wölbungsgrad und damit die Brechkraft unserer Augenlinse lassen sich nämlich verändern. Geregelt wird diese Veränderung über den sogenannten Ziliarmuskel. Beim Blick in die Ferne ist er entspannt, die sogenannten Zonulafasern, an denen die Linse aufgehängt ist, sind dagegen unter Spannung und ziehen die Linse in eine mehr oder weniger flache Form. Spannt der Ziliarmuskel sich dagegen an, erschlaffen die Zonulafasern. Die Linse nimmt ihre normale Form mit einer deutlichen Wölbung ein. Je stärker die Linse gewölbt ist, desto höher ist ihre Brechkraft. Wollen wir also Gegenstände in der Nähe betrachten, nutzen wir unseren Ziliarmuskel, um die Brechkraft der Linse zu steigern und unsere Sehkraft anzupassen, das heißt zu akkomodieren.

Ein Weitsichtiger muss auch beim Blick in die Ferne akkomodieren, um die Brechkraft seiner Linse zu erhöhen und damit seinen Sehfehler auszugleichen und ein scharfes Bild auf der Netzhaut zu erzeugen. Bei weiter entfernten Gegenständen funktioniert das recht gut. Doch bei sehr nahen Objekten ist irgendwann die Grenze erreicht: Die Brechkraft der Linse kann nicht weiter gesteigert werden, das Bild bleibt unscharf.

Den Teil der Weitsichtigkeit, der durch Akkomodation ausgeglichen werden kann, bezeichnet man als "latente Hyperopie". Er nimmt im Alter ab, weil die Linse im Laufe des Lebens an Elastizität verliert und ihre Brechkraft somit sinkt.

Symptome

Ab dem Erwachsenenalter nimmt bei Weitsichtigen die Sehschwäche spürbar zu. Insbesondere beim Lesen oder Arbeiten am Bildschirm wird die Sehschwäche deutlich. Betroffene benötigen einen weiten Abstand, um überhaupt etwas erkennen zu können. Beim Lesen kann es zudem zu Kopfschmerzen und anderen Ermüdungserscheinungen wie Brennen oder Schmerzen im Bereich der Augen kommen.

Eine leichte (geringe oder mittlere) Weitsichtigkeit kann von Kindern und jungen Menschen wie im Abschnitt "Was ist die Ursache für Weitsichtigkeit?" beschrieben noch durch Akkomodation ausgeglichen werden. Bei der Akkomodation entsteht zugleich aber auch eine Einwärtsbewegung der Augäpfel. So kann es dazu kommen, dass Weitsichtige, deren Sehfehler nicht korrigiert wird, beginnen zu schielen.

Bei einem zu kurzem Augapfel (Achsenhyperopie) ist zudem das Risiko für einen grünen Star (Glaukom) erhöht. Dies liegt daran, dass der Kammerwinkel, über den das vom Ziliarkörper gebildete Kammerwasser das Auge verlässt, bei Achsenhyperopie häufig zu eng ist. Der Abfluss des Kammerwassers kann dadurch behindert sein, der Druck in der vorderen Augenkammer und damit das Risiko für einen grünen Star steigt.

Um das Risiko für ein Glaukom gering zu halten, sollten Weitsichtige regelmäßig augenärztliche Untersuchungen mit einer Messung des Augeninnendruckes durchführen zu lassen.

Weitsichtigkeit bei Kindern

Haben Eltern oder Lehrer den Eindruck, dass ein Kind schielt oder Probleme beim Lesen und Schreiben hat, ist es unbedingt anzuraten, einen Augenarzt aufzusuchen. Eine Lese- oder Schreibschwäche ist manchmal auch auf körperliche Ursachen (wie beispielsweise eine unerkannte Weitsichtigkeit) zurückzuführen. Auch wenn die Augen junger Menschen die Weitsichtigkeit zunächst noch ohne Sehhilfen selber ausgleichen können, sind Brille oder Kontaktlinsen in jedem Alter eine Entlastung für die Augen.

Des Weiteren kann bei einer bestehenden Weitsichtigkeit nur so die Gefahr der Ausbildung einer Sehschwäche (Amblyopie) verhindert werden. Wird eine auf beiden Augen unterschiedlich stark augeprägte Weitsichtigkeit nicht korrigiert, benutzt das betroffene Kind bevorzugt das besser sehende Auge, weil es dieses weniger anstrengen muss. Das schlechter sehende Auge wird dadurch weniger eingesetzt und seine Sehfähigkeit kann verkümmern. Die Folge ist eine Sehschwäche, die sich später auch mit einer Brille oder mit Kontaktlinsen nicht mehr vollständig korrigieren lässt. Eine frühe Erkennung der Weitsichtigkeit kann die Ausbildung einer solchen Sehschwäche (Amblyopie) verhindern, wenn rechtzeitig eine korrigierende Brille verordnet wird.

Wenn der Augapfel wächst, kann eine Weitsichtigkeit insbesondere bei kleinen Kindern auch wieder verschwinden, sich also quasi "verwachsen".

Früherkennung und Diagnose

Mithilfe eines Sehtests lässt sich die Sehstärke der Augen bestimmen. Eine solche Untersuchung kann beim Augenarzt oder Optiker stattfinden. Dabei müssen die Betroffenen mit jeweils einem Auge unterschiedlich große Buchstaben oder Zeichen erkennen und beschreiben. Die Testergebnisse können je nach Tageszeit, Beleuchtung und individuellem Wohlbefinden unterschiedlich ausfallen.

Demzufolge ist gerade für die endgültige Festlegung der benötigten Stärke von Brillengläsern oder Kontaktlinsen das subjektive Sehempfinden wichtig. Kopfschmerzen durch unpassende Gläser oder Linsen können im Vorhinein vermieden werden, wenn dies bei der Auswahl ausreichend berücksichtigt wird.

Bei einem Sehtest wird untersucht, wie gut eine Person in die Weite (Fernvisus) und in die Nähe (Nahvisus) sehen kann. Zunächst wird bei abgedecktem linkem Auge das rechte Auge einmal ohne und einmal mit korrigierendem Glas geprüft. Anschließend wird nach demselben Schema das andere Auge getestet. Wichtig dabei ist die Berücksichtigung der latenten Weitsichtigkeit. Deshalb wird gerade bei jüngeren Weitsichtigen die Sehstärkenbestimmung am besten unter Ausschaltung des Ziliarmuskels durch die Gabe von Augentropfen (Zykloplegie) durchgeführt.

Bei der Refraktionsbestimmung, die zur Ermittlung der benötigten Brillenstärke dient, kommen immer zwei Verfahren zum Einsatz:

1) Objektiven Refraktionsbestimmung

Bei der objektiven Refraktionsbestimmung wird automatisch mit vorgeschalteten Linsen das Bild so eingestellt, dass die getestete Person scharf sieht. Die Werte, die in diesem Moment gemessen werden, sind zugleich ein Anhaltspunkt für die Stärke der passenden Brillengläser oder Kontaktlinsen.

2) Subjektive Refraktionsbestimmung

Bei der subjektiven Refraktionsbestimmung bestimmen der individuelle Eindruck und das subjektive Empfinden das Ergebnis. Hierbei wird durch das Vorhalten verschiedener Linsen abhängig von der Aussage des Untersuchten die geeignete Stärke bestimmt. Die Ergebnisse der objektiven Refraktionsbestimmung können hier die Basis bilden. Korrigiert wird dann mit dem Glas, das das Sehen in der Nähe am besten ermöglicht, ohne die Fernsicht zu verschlechtern.

Bild

Therapie: Wie lässt sich Weitsichtigkeit behandeln?

Eine Weitsichtigkeit kann durch das Tragen einer Brille oder von Kontaktlinsen behoben werden. Bei Weitsichtigen werden sogenannte Sammellinsen mit einem positiven Brech- oder Dioptrienwert verwendet. Durch die Linsen wird erreicht, dass beim Blick in die Ferne auch ohne Akkomodation wieder ein scharfes Bild in der Netzhautebene entsteht. Ab dem vierzigsten Lebensjahr ist es auch möglich bifokale Kontaktlinsen anzuwenden, die sowohl die Sehprobleme in die Ferne wie in die Nähe korrigieren.

Eine Augenoperation ist keine Standardbehandlung, aber unter bestimmten Voraussetzungen für weitsichtige Personen geeignet, die keine Brille und Kontaktlinse tragen möchten oder können. Wie alle Operationen ist auch ein solcher Eingriff mit Risiken behaftet: Er kann unerwünschte Folgen wie beispielsweise Infektionen oder eine erhöhte Blendungsempfindlichkeit nach sich ziehen. Wer sich für einen solchen Eingriff interessiert, sollte sich von seinem Arzt genau zu Risiken und Alternativen beraten lassen.

Meist werden Laser für die Operation eingesetzt. So zum Beispiel beim LASIK-Verfahren (Laser-Assistierte In Situ Keratomileusis). Voraussetzung dafür sind eine ausreichende Hornhautdicke und ein über längere Zeit konstanter Dioptrien-Wert. Das bedeutet, dass sich die Sehstärke in den vergangenen Monaten nicht wesentlich verändert haben sollte. Der Augenarzt untersucht vor dem Eingriff gründlich die Augen und klärt den Patienten genau über die Operationsrisiken auf.

Während der LASIK-Operation löst der Arzt zunächst mit einem feinen Schnitt eine hauchdünne Lamelle der Hornhaut, den so genannten Flap, ab und klappt ihn wie einen Deckel um. Anschließend trägt er die Hornhaut nach einem zuvor bestimmten Schema mit einem Laser ab und klappt danach die Hornhautlamelle wieder zurück. Die LASIK-Operation wird heute häufig mit einem hochpräzisen Femtosekunden-Laser durchgeführt.

Bei sehr starker Weitsichtigkeit ist es auch möglich, eine künstliche Linse hinter die Regenbogenhaut und vor die eigene Linse in das Auge einzusetzen (sogenannte intraokulare Kontaktlinse, ICL). Diese erhöht die Brechkraft der eigenen Linse.

Bei älteren Weitsichtigen und erhöhter Gefahr eines grünen Stars ist es auch möglich wie bei einer Operation des grauen Stars die Augenlinse zu entfernen und durch eine Kunstlinse zu ersetzen ("clear-lens-exchange"). Mit dieser Operation sinkt das Risiko, plötzlich einen stark erhöhten Augendruck zu entwickeln.

Unser Experte: Professor Dr. med. Carl-Ludwig Schönfeld

Unser Experte: Professor Dr. med. Carl-Ludwig Schönfeld

Beratender Experte

Professor Dr. med. Carl-Ludwig Schönfeld ist Facharzt für Augenheilkunde. Er habilitierte sich an der Augenklinik der Universität München, wo er viele Jahre als Oberarzt tätig war. Im Rahmen seiner Lehrtätigkeit führte er zahlreiche Fortbildungskurse im In- und Ausland durch, insbesondere an osteuropäischen Hochschulen, in Afrika und in Asien.

Seit 2007 ist er Partner von Professor Dr. med. Christos Haritoglou und Professor Dr. med. Thomas Klink in der operativen Gemeinschaftspraxis an der Augenklinik Herzog Carl Theodor in München. Professor Schönfeld widmet sich schwerpunktmäßig der Behandlung von Netzhauterkrankungen, denen auch sein wissenschaftliches Interesse gilt, und der Glaskörperchirurgie. Außerdem lehrt der Experte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, wirkt als Prüfer bei Ärztlichen Staatsexamina im Fach Augenheilkunde und bei Prüfungen zum europäischen Augenarzt (F.E.B.O.).

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

Thema Weitsichtigkeit

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