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Die Gefäße sind aus Glas, kugelförmig mit einer kreisrunden Öffnung und einem Durchmesser von drei bis sechs Zentimetern. Äußerlich erinnern sie an Glocken. So unglaublich es klingen mag: Mit diesen Instrumenten werden Schmerzen behandelt. Dazu setzt der Arzt sie mit der Öffnung auf bestimmte Punkte der Haut. Dort sollen sie mithilfe von Unterdruck – erzeugt durch Erhitzen oder Absaugen der Luft im Inneren der Kugeln – die Durchblutung anregen und heilsame Kräfte auf den Körper ausüben.

Das Verfahren ist nicht neu. Schröpf­therapien fanden vermutlich bereits vor rund 5300 Jahren in Mesopotamien statt. Und im alten Griechenland war die Methode so beliebt und anerkannt, dass Schröpfgläser die ärztliche Kunst symbolisierten.

Die Menschen im europäischen Kulturkreis erklärten sich die Wirkung im Sinne der Säftelehre: Durch die aufgelegten­ Gläser sollte bei Kranken das gestörte Gleichgewicht der Körperflüssigkeiten und damit die Gesundheit wiederhergestellt werden. In China glaubte man, jemand werde krank, wenn sein Blut und die Lebensenergie Qi nicht mehr frei fließen können. Schröpfen mit Kuhhörnern oder Bambussegmenten sollte die Blockaden beseitigen.

Muskelverhärtungen werden gezielt geschröpft

Zuerst muss der Arzt Muskelverhärtungen und ähnliche auffällige Stellen ertasten. Dazu fährt er mit den Fingern langsam den Rücken entlang. Beim trockenen Schröpfen setzt er die gläsernen Glocken direkt an diesen Punkten auf die Haut.

Klassisch erzeugt man den Unterdruck durch das Erwärmen des Gefäßes

Klassisch erzeugt man den Unterdruck durch das Erwärmen des Gefäßes

Damit der Unterdruck zustande kommt, muss zuvor die Luft im Schröpfglas erwärmt werden. Dazu werden bei der traditionellen Methode brennen­de Wattebäusche in die Schröpfgefäße gehalten. Kühlt die Luft in den Gläsern auf der Haut wieder ab, wird durch den Unterdruck die Haut ange­­sogen. Dadurch erwei­­tern sich die Gefäße und die Durchblutung wird angeregt. Therapeuten greifen mittlerweile aber oft zu moder­­neren Absaugvorrichtungen wie Gummibällen oder elektrischen Pumpen.

Hilfe gegen Schmerzen und Verspannungen

Viele Patienten empfinden die Behandlung als wohltuend. Weil sich Muskelverspannungen lösen, spüren sie bei Schmerzen, Müdigkeit oder Stress Erleichterung. Experten warnen aber auch: Schröpfen ist kein Allheilmittel. Auf der Haut bleiben zudem kreisrunde Blutergüsse zurück. Da diese Stellen sehr empfindlich sind, raten Experten, innerhalb der ers­ten vier Stunden nicht zu duschen, um Schäden zu vermeiden. Auch sollten die Schröpfköpfe bei der nächsten Sitzung nicht wieder an denselben Punk­ten aufgesetzt werden. Für Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen, ist das Schröpfen ungeeignet.

Blutiges Schröpfen bei akuten Schmerzen

Um eine martialisch anmutende ­alte Therapie-Variante handelt es sich beim blutigen Schröpfen. Dabei werden die Saug­glocken auf die zuvor eingeritzte Haut gesetzt. Der Unterdruck zieht Blut aus den kleinen Schnittwunden. "Speziell bei akuten Schmerzen lassen sich mit diesem stark ausleitenden Verfahren gute ­Ergebnisse erzielen. Das trockene Schröpfen kommt hingegen eher bei chronischen Beschwerden oder zur Vorbeugung zum Einsatz", erläutert Dr. Hans-Ulrich Hecker vom Ärztli­chen Zentrum für Chinesische Medizin und Naturheilverfahren in Kiel.

Beim blutigen Schröpfen können sich die absichtlich zugefügten Hautverletzungen infizieren. Wer das Verfahren über sich ergehen lassen möchte, sollte deshalb Wert darauf legen, dass dabei strikt auf Hygiene geachtet wird.

Schröpfmassage mit Öl

Alternative Mediziner und Heilpraktiker bieten auch Schröpfmassagen an. Die Gläser werden über eingeölte Hautpartien bewegt. Das soll einen stärkeren Effekt haben als eine gewöhnliche Massage.

Einzelne wissenschaftliche Untersuchungen sprechen für die Wirksamkeit des Schröpfens: Forscher beobachteten in Studien eine stärkere Schmerzlinderung bei geschröpften Patienten im Vergleich zu nicht behandelten Probanden. Diese Ergebnisse fanden sie zum Beispiel bei Rücken- oder Nackenschmerzen. Ob Schröpfen im Einzelfall geeignet erscheint, sollte mit dem Arzt besprochen werden.

Wer sich mit den Sauggläsern behandeln lassen will, muss das im Normalfall aus eigener Tasche bezahlen.

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.