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Wer kennt sie nicht, die ­Eltern, ­deren Kind ­quasi vom ersten Tag an durchgeschlafen hat? Die davon erzählen, als hätten sie die Zauberformel gefunden? Nur nicht neidisch werden: Solche Wunderkinder sind die Ausnahme. Die Eltern haben einfach Glück.

Doch es gibt einige Tipps, wie Eltern ihren Babys beim Schlafenlernen helfen können:

1. Eine Frage des Rhythmus

Manche Schwangere liegt nachts wach, weil das Kind aktiv ist. Kommt es auf die Welt, ändert sich daran oft erst mal wenig. "Bis sich die Kinder an den Rhythmus auf der Welt gewöhnt haben, können bis zu sechs Monate vergehen", sagt Schlafforscherin Professor Angelika Schlarb von der Universität Bielefeld. Ein regelmäßiges Schlafverhalten entwickelt sich ab der vierten bis sechsten­ Lebenswoche. Die Kinder stellen sich ab dann langsam auf einen Tag-Nacht-Rhythmus ein. Der Schlaf verteilt sich also mit der Zeit nicht mehr gleichmäßig über den gesamten Tag, sondern findet immer mehr nachts statt. Zudem treten die Kleinen ihren Nachtschlaf, aber auch ihre Nickerchen tagsüber, zu immer regelmäßigeren Zeiten an.

2. Eine Tagesstruktur schaffen

Anfangs sieht die Struktur eines Baby-Tags etwa so aus: stillen­, ­wickeln, schmusen, schlafen – und wieder von vorn. Das ändert sich schnell. Das Hirn der Kleinen reift, sie bleiben länger wach. Sechs ­Monate alte Kinder ­schlafen häufig tagsüber nur noch zweimal. Regel­mäßige Zubettgeh- und Tagesschlafzeiten sind dann ein Muss. Besonders wichtig: ­eine feste­ Aufstehzeit, weil sie den bio­logischen Rhythmus bestimmt. Auch sollte es feste Essenszeiten geben, an ­denen sich die Schlafzeiten immer mehr orien­­tieren. Beispiel: Um 11.30 Uhr gibt es Mittagessen, um 12 Uhr geht es ins Bett. Je älter das Kind, ­desto mehr wird dieser Schlaf zum Hauptschlaf am Tag.

3. Am Tag aktiv sein

Wer tagsüber viel macht, ist abends müde. "Kinder sollten sich viel bewegen, aber auch geistig-­kreative Anregungen bekommen", sagt Schlarb. Das gilt schon für Säuglinge: Fingerspiele gefallen ­ihnen oft genauso wie Krabbelkurse oder Spaziergänge. Gleichzeitig sollten Eltern es nicht übertreiben. Überreizte Kinder schlafen schlecht.

4. Früh Rituale einführen

"Gerade abends lohnen Einschlaf­rituale sehr früh", empfiehlt PD Dr. Mirja Quante vom Universitätsklinikum Tübingen. Nach der Abendbrotzeit helfen stets in gleicher Abfolge durchgeführte Handlungen: ­Wenn Eltern das Licht dimmen und für ­Ruhe sorgen, signalisieren sie der inneren Uhr des Kindes, dass es Zeit wird zu schlafen. Dann werden­ die Zähne geputzt und die Schlafsachen angezogen (auch bei Babys!) und gekuschelt. Liegt das Kleine im Bettchen, singen Eltern ein Gutenachtlied oder lesen – bei älteren Kindern – eine kurze Geschichte vor.

5. Blaues Licht vermeiden

Beim Einschlafen sollte das Zimmer dunkel sein. Gerade unruhi­gen Kindern hilft es, wenn das ­Leben schon ab dem Nach­mittag ruhiger gestaltet ist. "Zwei Stunden vor dem Schlafen sollten ­keine Fernsehgeräte, Tablets oder Smartphones genutzt werden", sagt ­Mirja Quante. Von den Geräten geht blaues Licht aus. "Das verzögert die Ausschüttung des müde machenden Melatonins", erklärt die Schlafmedizinerin. Gilt auch für die Kleinsten.

6. Kinder nicht alleine lassen

Gerade im ersten Lebenshalbjahr brauchen die Kleinen die Gewissheit, nicht allein zu sein und jemanden zu haben, der sich um sie kümmert. Diese Gewissheit scheint wichtig, um das Alleine-Einschlafen zu lernen. Weint das Kind, sollten Eltern es beruhigen, es streicheln, seine Hand halten, es eventuell auf den Arm nehmen. Doch Vorsicht: Die Kleinen sollten dies nie mit dem Einschlafen an sich in Verbindung bringen. Halten Eltern etwa Händchen, bis das Kind tatsächlich eingeschlummert ist, kann es das auch in der Nacht, wenn es kurz aufwacht, wieder verlangen. "Die Kleinen unterscheiden nicht zwischen dem ersten Einschlafen am Abend und dem zweiten oder dritten Einschlafen in der Nacht", sagt Ange­lika Schlarb.

7. Selbstberuhigung fördern

Andererseits müssen Kinder auch die Chance bekommen zu lernen, sich selbst zu beruhigen und von allein einzuschlafen. "Ge­rade ängstliche Eltern neigen dazu, bei jedem kleinen Geräusch aus dem Babyfon direkt zum Kind zu eilen", sagt Angelika Schlarb. Das fand sie in Begleitstudien zu dem von ihr entwickelten Schlafprogramm "Mini-KiSS" heraus. Wann der richtige Zeitpunkt ist, zum Kind zu gehen, dafür müssen Eltern auf ihr Bauchgefühl hören. Manchmal schreien die Kleinen nur kurz auf, weil sie schlecht geträumt haben, und schlafen gleich wieder. Oft meckern sie auch nur kurz. Fest steht: Schreit sich ein Kind richtig ein, wird es nicht einschlafen – ­außer vor Entkräftung.

8. Kein Essen in der Nacht

Die meisten Kinder kommen mit sechs Monaten nachts ohne­ Stillen­ oder Fläschchen aus. Bekommt ein Kind noch Mahlzeiten, sollten ­Eltern versuchen, die Zeitab­stände so zu vergrößern, dass es nachts ­ohne Nahrung auskommt. "Trinken die Kinder nachts, müssen sie auch verdauen und schlafen unruhig", sagt Mirja Quante. Auch Ange­lika Schlarb sieht im regel­­mäßigen nächtlichen Essen ­eine Gefahr: "Ist der Körper das gewohnt, wird er von selbst wach und erwartet, 'gefüttert' zu werden."

9. Den Tagschlaf kürzen

Während Grundschulkinder eher Einschlafprobleme haben, ­leiden Kleinkinder in der Regel unter Durchschlafschwierigkeiten. Oft stößt Mirja ­Quante bei Kindern, die ihr vorgestellt werden, dafür auf ­einen einfachen Grund: "Sie schlafen tags­über zu ­lange." Zwar betont sie, wie individuell der Schlaf und damit auch das Schlafbedürfnis ist. Doch können Eltern sich an Empfehlungen orien­tieren, wie die der American Aca­demy of Sleep ­Medicine. Demnach sollten Kinder ab vier Monaten 12 bis 16 Stunden schlafen, Ein- bis Zweijährige 11 bis 14 Stunden, Drei- bis Fünfjährige 10 bis 13 Stunden und Sechs- bis Zwölfjährige neun bis zwölf Stunden. Auch Ange­lika Schlarb sieht in einem kürzeren Tagschlaf oft eine gute Lösung für mehr Schlaf nachts. "Allerdings sollte man ein Kind, das tagsüber wirklich müde­ ist, auch schlafen lassen", sagt sie. Anders laufen Eltern Gefahr, ein überdrehtes Kind zu haben, das dann auch wieder nicht zur Ruhe kommt.

10. Auf Signale achten

Ob das Kind nun einen Monat oder ein Jahr alt ist: Die Müdig­keitssignale ähneln sich. Die Kinder werden unruhig, quengelig­, gähnen, gerade Säuglinge kratzen sich häufig am Ohr oder reiben sich die Augen. "Es ist ganz wichtig­, diesen Müdigkeitspunkt nicht zu überschreiten. Wird der verpasst, drehen Kinder oft erst mal wieder richtig auf", erklärt Mirja Quante.

Der richtige Schlafplatz

Anfangs schlafen Babys am besten im Elternschlafzimmer im eigenen Bett oder im Beistellbett. Das gilt es zu beachten:

  • Das Kind sollte auf dem Rücken liegen und einen Schlafsack tragen
  • Die Matratze sollte fest, neu und luftdurchlässig sein
  • Keine spitzen oder scharfen Ecken und Kanten oder über­stehende Teile
  • Keine Lamfelle, Kuscheltiere, Nestchen...
  • Möglichst 16 bis 18 Grad Zimmertemperatur, ohne Zugluft oder Zigarettenrauch

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