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Spinalkanalstenose - kurz erklärt

Das Rückenmark zieht durch die Wirbelkörper in einem vorgegebenen "Loch". Ist dieser Wirbelkanal verengt spricht man von einer Spinalkanalstenose. Die Ursachen für einen verengten Wirbelkanal können angeboren oder erworben sein, am häufigsten sind Abnutzungserscheinungen der Wirbelgelenke (Wirbelgelenksarthrose) und der Bandscheiben. Die Symptome einer Spinalkanalstenose variieren. Charakteristisch sind Schmerzen, Schweregefühl und/oder Gefühlsstörungen in den Beinen, die sich beim Gehen (und längerem Stehen) verstärken, wodurch es zu einer zunehmenden Verminderung der Gehstrecke kommt. Die Diagnose wird anhand der klinischen Untersuchung zusammen mit bildgebenden Verfahren (Röntgen, MRT) gesichert. Die Symptome der Spinalkanalstenose lassen sich oft mit konservativen Methoden (ohne Operation) lindern, jedoch nicht komplett beseitigen. Die Hauptsäulen werden hierbei von einer medikamentösen Therapie (unter anderem Schmerzmittel) und krankengymnastischen Übungen gebildet. Auch ein Korsett kann die Wirbelsäule stabilisieren. Kommt es unter oben genannten Maßnahmen nicht zu einer Beschwerdebesserung oder finden sich schon Nervenschäden, erfolgt die operative Versorgung. Hierfür kommen eine Dekompressionsoperation (eine Entlastung durch Entfernung bestimmter Anteile des Wirbelsegmentes) mit oder ohne zusätzliche Stabilisierung des Segmentes infrage.

Was ist eine Spinalkanalstenose?

Innerhalb der Wirbelsäule befindet sich der Wirbelkanal (im Fachjargon: Spinalkanal). Die Struktur aus Knochen und Bändern ummantelt das weiche Rückenmark und die Nerven, die in die Beine ziehen. So bildet der Spinalkanal einen knöchernen Schutz. Bei einer Verengung (Stenose) des Wirbelkanals spricht man von einer Spinalkanalstenose. Meist ist der Wirbelkanal auf Höhe der Lendenwirbelsäule verengt (lumbale Spinalkanalstenose).

Die lumbale Spinalkanalstenose ist in höherem Lebensalter eine sehr   verbreitete Erkrankung. Bei über 60-jährigen liegt bei jedem fünften   Patienten eine Verengung des Spinalkanals vor.

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Hintergrundinformation - Der Spinalkanal (Nr. 2 in der Abbildung)

Der Spinalkanal verläuft innerhalb der Wirbelsäule. In der Abbildung dargestellt ist ein Lendenwirbel – von oben betrachtet – mit Wirbelkörper (1), Spinalkanal (2), Querfortsätzen (3), Gelenkflächen der Wirbelgelenke (4) und Dornfortsatz (5). Der Dornfortsatz zeigt in Richtung Rücken und ist äußerlich sichtbar und fühlbar. Der Wirbelkörper zeigt in Richtung Bauch.

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Hintergrundinformation - Die Wirbelsäule

Die einzelnen Wirbelkörper "übereinandergestapelt" bilden zusammen mit den Wirbelbögen, deren Fortsätze sowie den dazwischenliegenden Bandscheiben die Wirbelsäule. Bestimmte Fortsätze (Proc. articularis superior und inferior), ausgehend von den Wirbelbögen bilden miteinander die Verbindung zwischen den Wirbelkörpern. Diese Gelenk-Verbindung wird auch als Facettengelenk bezeichnet. Der Raum zwischen den Wirbelkörpern und den Wirbelbögen bilden eine Art „Loch“.  Übereinander geschichtet bilden die einzelnen Löcher den  Wirbelkanal  (Spinalkanal). Er bildet den schützenden Tunnel für das  weiche,  empfindliche Rückenmark. Das Rückenmark besteht aus  Nervensubstanz,  welche die Reize vom Gehirn an den Körper weiterleiten. An bestimmten Stellen der Wirbelsäule  treten Nerven aus, die sich dann weiter verzweigen und zum Beispiel die  Bewegungen  von Armen und Beinen  steuern. Zwischen den knöchernen Wirbelkörpern  befinden sich die  knorpeligen Bandscheiben.  Die Bandscheiben fangen bestimmte Bewegungen  (zum Beispiel beim  Springen) wie Stoßdämpfer ab und ermöglichen das  Biegen der Wirbelsäule  nach verschiedenen Seiten. Die Wirbelsäule  besteht aus einzelnen  Abschnitten: Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule,  Lendenwirbelsäule sowie  Kreuz- und Steißbein (zur Darstellung der gesamten Wirbelsäule bitte auf die Lupe klicken).

Ursachen: Wie kommt es zu einer lumbalen Spinalkanalstenose?

Die Spinalkanalstenose beschreibt eine anatomische Einengung des  Spinalkanals, wodurch der Raum für die darin befindenen Nerven und  Gefäße weniger wird. Ursachen für diese Enge (Stenose) können entweder  angeboren oder erworben sein. In vielen Fällen führt eine Kombination  aus mehreren Faktoren zu  einer Spinalkanalstenose.

Verschleißbedingte  Veränderungen  führen zu einer Vergrößerung der Wirbelgelenke (Arthrose) mit Verdickung der Gelenkkapsel und der umgebenden Bänder  und verkleinern dabei den Durchmesser des Wirbelkanals. Bandscheibenvorwölbungen können zu einer weiteren Verengung beitragen. Die im Wirbelkanal verlaufenden Nerven werden zusammengedrückt, wodurch die typischen Beschwerden entstehen.

Häufigste Ursachen:

  • Verschleißerscheinungen: Verknöcherungen an den Wirbelkörpern und den Gelenken zwischen den Wirbeln, Verdickung der Bänder und Gelenkkapseln, Bandscheibenvorwölbung, Wirbelgleiten (Spondylolisthesis)
  • Idiopathische Spinalkanalstenose: Der Wirbelkanal ist von Geburt an ohne bekannte Ursache verengt

Seltenere Ursachen:

  • Bestimmte vererbte Knochenkrankheiten (zum Beispiel Morbus Paget)
  • Ausgeprägtes Hohlkreuz (Hyperlordose)
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Durch altersbedingten Verschleiß und/oder genetische Prädisposistion verlieren die Bandscheiben an Höhe und der  Abstand zwischen den Wirbelkörpern nimmt ab. Es kommt zu einer Höhenminderung des Segmentes, wodurch es einerseits zu einer Vorwölbung der Bandscheibe selbst in den Spinalkanal (Protrusion) kommen kann, andererseits werden durch diese Höhenminderung auch die zwischen den Wirbeln gespannten Bänder (Wirbelbogenband, "Ligamentum flavum") nicht mehr straff gespannt. Diese dann aufgeworfenen Bänder können den Spinalkanal einengen. Auch kann die Beweglichkeit im betroffenen Wirbelsegment zunehmen. Das belastet die Gelenke zwischen den einzelnen Wirbeln (Facettengelenke) zusätzlich und sie  reagieren mit knöchernen Anbauten. Die oben genannten Veränderungen können darüber hinaus  zu einer Instabilität des Segmentes führen. Folge ist ein sogenannter Gleitwirbel, welcher nicht mehr straff fixiert ist und den ohnehin eingeengten Wirbelkanal noch weiter einengt. Hierdurch kommt es zu einer Kompression der Nervenwurzeln  im betroffenen Segment.

Im Stehen nimmt durch die vermehrte Krümmung der Lendenwirbelsäule der Druck auf die Nerven weiter zu. Bei körperlicher Belastung – einfaches Gehen reicht oft schon aus – erhöht sich der Druck  auf die Nervenwurzeln und deren Gefäßversorgung, so dass die typischen in die Beine ausstrahlenden Schmerzen und Missempfindungen entstehen.

Symptome: Welche Beschwerden bereitet eine Spinalkanalstenose?

Die Beschwerden einer Spinalkanalstenose variieren in ihrer Ausprägung. Meist leiden die Betroffenen schon seit Jahren unter Rückenschmerzen,  die sich schleichend verschlimmert haben und unter Belastung in die  Beine ausstrahlen. Die Beine fühlen sich dann schwer und müde an. Meist  treten die Beschwerden beim Gehen auf. Im Unterschied zu ähnlichen  Symptomen bei Durchblutungsstörungen der Beine (Claudicatio intermittens) bessern sich die Beschwerden nach der Belastung nur sehr langsam. Auch reicht es meist nicht aus, nur stehen zu bleiben, sondern der Betroffene muss sich hinsetzten und in einen Rundrücken gehen. Dies ist ein typisches Symptom der lumbalen Spinalstenose  (Claudicatio spinalis). Aufgrund des Rundrückens beim Fahrradfahren ist dieses bei den Betroffenen meist noch gut möglich, wohingegen das Laufen, insbesondere bergab (aufgrund der Rückneigung der Wirbelsäule) meist zunehmend Schmerzen in den Beinen bereitet.

Lähmungserscheinungen und Empfindungsstörungen sind insgesamt selten  und Zeichen einer hochgradigen Einengung. Im schlimmsten Fall führt die  Stenose zu einem Querschnittssyndrom mit schlaffer Lähmung der Beine  sowie Störungen beim Wasserlassen und beim Stuhlgang.

Die oben genannten Symptome mit Schmerzen in den Beinen und verminderter Gehstrecke können aber nicht nur bei einer Spinalkanalstenose auftreten, sondern auch bei vielen anderen Erkrankungen der Wirbelsäule, wie beispielsweise einem Bruch (Fraktur) der Wirbelkörper, Bandscheibenvorfall, Nervenerkrankungen (Neuropathien), Hüftgelenksarthrose (Coxarthrose) oder Durchblutungsstörungen der Beine (pAVK, Claudication intermittens). Daher ist eine genaue ärztliche Abklärung der Beschwerden wichtig.

Diagnose: Wie wird eine Spinalkanalstenose festgestellt?

  • Anamnese und körperliche Untersuchung

Wegweisend für die Diagnose der Spinalkanalstenose sind die  geschilderten Beschwerden.  Im Rahmen der körperlichen Untersuchung  lassen sich manchmal die Schmerzen provozieren, indem der Rumpf vorsichtig nach  hinten gebeugt wird (Lordosierung). Bessern sich die Schmerzen bei der  entgegengesetzten Bewegung – dem Nachvorneneigen des Rumpfs mit  Abstützen auf den Händen – liefert das dem Arzt einen wichtigen Hinweis  für die Diagnose.

  • Bildgebende Verfahren

Wichtigstes Untersuchungsverfahren ist vor allem die Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT). Sie stellt neben den knöchernen Wirbeln vor allem die  "Weichteilstrukturen" wie Bandscheiben, Rückenmark, Nervenwurzeln und  Bänder sehr gut dar.

Eine Röntgenaufnahme der LWS kann bereits vorhandene degenerative Veränderungen oder gegebenenfalls andere Ursachen (zum Beispiel einen Bruch eines Wirbelkörpers) aufzeigen. Da im Röntgenbild aber nur die knöchernen Strukturen zu sehen sind und nicht der Spinalkanal selbst, bleibt die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) das aussagekräftigste Verfahren. Ist kein MRT möglich, zum Beispiel aufgrund eines Herzschrittmachers, kann eine lumbale Computertomografie (CT-Untersuchung) notwendig sein.

Therapie: Wie wird die Spinalkanalstenose behandelt?

  • Konservative Behandlung

Die Behandlung der Spinalkanalstenose hängt vom Schweregrad der   klinischen Symptome ab. Bei moderaten Beschwerden erfolgt immer zunächst   eine konservative Behandlung (ohne Operation). Diese legt ihr   Hauptaugenmerk darauf, die Wirbelsäule zu entlasten. Krankengymnastische    Übungen, Wärmebehandlungen sowie Massagen bessern die Beschwerden in    vielen Fällen vorübergehend. Zusätzlich lindern schmerzstillende und    entzündungshemmende Medikamente die Schmerzen. Grundsätzlich gilt es  Haltungen, bei denen die   Lendenwirbelsäule ins Hohlkreuz gebogen wird,  zu vermeiden. In sehr   schwerwiegenden Fällen ist eine Operation der  Spinalkanalstenose   erforderlich.

Eine konservative Therapie kann die Symptome lindern. Meist werden   medikamentöse, krankengymnastische und  physikalische Therapiemaßnahmen   kombiniert (multimodales  Therapiekonzept).

Achtung: Sämtliche konservativen Therapiemassnahmen können natürlich die Einengung des Wirbelkanals als Ursache der Beschwerden nicht beeinflussen, sondern lediglich die Symptome (meist nur vorübergehend) lindern.

  • Operative Behandlung

Die Operation einer Wirbelkanalstenose ist ein technisch anspruchsvoller Eingriff, der speziellen Zentren und erfahrenen Operateuren vorbehalten sein sollte. Dabei stehen unterschiedliche Operationstechniken zur Verfügung, die abhängig von Ausmaß und Ursache der Spinalkanalstenose eingesetzt werden. Das Prinzip der Operation besteht darin, die Stelle zu entlasten ("dekomprimieren"), an der die Nerven zusammengedrückt werden.

Die Eingriffe werden heute vielfach minimal-invasiv (Operation durch ein kleines Fenster in der Haut) als mikrochirurgischer oder endoskopischer Eingriff durchgeführt (sehr kleiner Zugang, der Operateur arbeitet mit einem Operationsmikroskop (Endoskop)). Wenn eine Instabilität oder Verkrümmung der Wirbelsäule besteht oder der begleitende Rückenschmerz im Vordergrund steht, kann zusätzlich eine  Versteifungsoperation notwendig sein.

Unser beratender Experte:

Professor Dr. med. H. Michael Mayer ist Chefarzt im Wirbelsäulenzentrum der Schön Klinik München-Harlaching.

Quellen:

  • Ärztekammer Baden-Württemberg, "Häufige Ursachen von Lumbalgien - Spinalkanalstenose und Bandscheibenvorfall. Online: https://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/20fortbildung/20praxis/90allgemeinmedizin/1701.pdf (abgerufen am 3. Juni 2019)
  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie, "Lumbale Radikulopathie", Stand Januar 2018. Online: https://www.dgn.org/leitlinien/3516-ll-030-058-2018-lumbale-radikulopathie (abgerufen am 3. Juni 2019)
  • Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOU), "Spezifischer Kreuzschmerz",  S. 19 ff "Spinalkanalstenose", Stand Dezember 2017. Online: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/033-051l_S2k_Spezifischer_Kreuzschmerz_2018-02.pdf (abgerufen am 3. Juni 2019)
  • Levin K.  Lumbar spinal stenosis: Pathophysiology, clinical features, and diagnosis. Post TW, ed. UpToDate. Waltham, MA: UpToDate Inc. http://www.uptodate.com (abgerufen am 3. Juni 2019)

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.