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Abszesse, Steißbeinfistel: Gezielte Therapie notwendig

Die hier thematisierten Probleme sind zum Glück keineswegs alltäglich. Umso mehr gilt der Rat, bei (ungewöhnlichen) Beschwerden und Schmerzen, gerade auch nach einer Behandlungsmaßnahme wie einer Spritze ins Gesäß oder bei einer chronischen Grunderkrankung, auch einer Immunstörung, rasch (wieder) zum Arzt zu gehen.

Selten: Beckenabszess

Ein sogenannter Senkungsabszess im Becken ist ein seltenes Ereignis. Er kann zum Beispiel von einer eitrigen Infektion an der Wirbelsäule – im Bereich der Wirbel und/oder Bandscheiben – ausgehen, per se ein schweres Krankheitsbild.

Außerdem kann ein Abszess im Becken als Komplikation bei Infektionen innerer Organe entstehen, zum Beispiel im Rahmen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung wie der Crohn-Krankheit (Morbus Crohn).

Dabei können Bakterien einen geschädigten Abschnitt der Darmwand durchsetzen. Der entstehende Eiter sammelt sich zwischen den Darmschlingen an. Entlang des nahe gelegenen Iliopsoas- oder Piriformis-Muskels, beides innere Hüftmuskeln, findet er seinen Weg und kann im weiteren Verlauf im Extremfall bis ins Gesäß oder über die Leiste in den Oberschenkel eintreten.

Bei Morbus Crohn kommt das eher auf der rechten Seite vor, weil die Erkrankung oft den hier liegenden Endabschnitt des Dünndarms erfasst. Andere mögliche Quellen sind eine eitrige Blinddarmentzündung, ein Darmdurchbruch etwa infolge einer Divertikelkrankheit (Divertikulitis) im unteren Dickdarm (Sigma), oder eine eitrige Nierenbeckenentzündung. Bei Immunschwäche zum Beispiel kann sich ein Abszess auch über im Blut streuende Keime entwickeln. 

Symptome: Ein Beckenabszess kann als solcher anfangs beschwerdearm sein, da er sich abgekapselt im hinteren Gewölbe zwischen Wirbelsäule und Bauchfell entwickelt. Dies gilt insbesondere für einen tuberkulösen Abszess.

Möglicherweise kommt es aber auch zu deutlichen Bauch- oder Flankenschmerzen. Letztlich hängt es vom Ausgangspunkt, der Lage und möglichen Komplikationen des Eiterherdes ab, welche Symptome auftreten.

Liegt die Quelle an der Wirbelsäule, werden sich die Beschwerden zunächst auf diesen Körperbereich fokussieren, etwa mit starken Schmerzen im Kreuz. Die Schmerzen können auch in den Bauch, ins Gesäß oder in die Hüften ausstrahlen.

Werden Wirbel angegriffen, kann das schwerwiegende Folgen haben: Außer starken Schmerzen drohen Verformungen und eine Instabilität der Wirbelsäule mit Auswirkungen auf das Rückenmark. Eine Reizung der Wurzel des Ischiasnervs am Wirbelkanal mit neurologischen Symptomen ist ebenfalls möglich. Häufig treten Fieber, Schüttelfrost und deutliches Krankheitsgefühl auf.

Für eine Darmentzündung als mögliche Grunderkrankung sind darüber hinaus Beschwerden wie krampfartige Bauchschmerzen, Durchfall (auch blutig) oder aber Verstopfung typisch.

Für eine akute Nierenbeckenentzündung sprechen außer hohem Fieber, Schüttelfrost und Schmerzen im Bereich der Flanke oder im Rücken Schmerzen beim Wasserlassen, eventuell auch blutiger Urin.

Diagnose: Die Krankengeschichte kann zum Beispiel auf eine bestehende Krankheit oder eine vorausgegangene Operationen verweisen.

Bei der körperlichen Untersuchung kann die Wirbelsäule extrem berührungsempfindlich und beim Beklopfen schmerzhaft sein, sodass eine Untersuchung nur eingeschränkt möglich ist. Eventuell zeigt sich auch eine Vorwölbung und Schwellung am Rückgrat.

Falls der Patient am Rücken operiert wurde, wird der Arzt ohnehin sein Augenmerk darauf richten. Bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Magnetresonanz- oder Computertomografie, auch mit Kontrastmittelgabe, können die Diagnose sichern.

Dabei kann auch der mutmaßliche Ausgangspunkt beziehungsweise das Ausbreitungsgebietes des Abszesses erkannt werden.

Der Erreger wird in Proben aus dem Abszess nachgewiesen. Auch das Blut kann auf den Erreger getestet werden. Es ergibt auch meist deutliche Entzündungszeichen.

Therapie: Ein akuter Abszess wird in der Regel drainiert (entlastet) oder chirurgisch ausgeräumt und der Patient zusätzlich mit Antibiotika, im zweiten Schritt gemäß Erregertestung, behandelt.

Die zugrunde liegende Erkrankung wird nach den hierfür geltenden Maßgaben therapiert. Vereiterte, geschädigte Darmabschnitte zum Beispiel müssen meist entfernt werden.

An der Wirbelsäule können sich spezielle operative Maßnahmen nach Ausräumen einer Eiterhöhle zur örtlichen antibiotischen Behandlung und zur statischen Stabilisierung anschließen.

Ungewöhnlich: Spritzenabszess

Im Gesäßmuskel ist ein Abszess durch Verletzungen, eingedrungene Fremdkörper oder eine Spritze (intramuskuläre Injektion) möglich. Dabei kann ein Bluterguss entstehen, der sich im zweiten Schritt infiziert, oder es sind über verkeimtes Instrumentarium Eiterreger eingewandert.

Das kommt heute, im Zeitalter der Einwegnadeln und -spritzen, so gut wie nicht mehr vor. Aber auch bei sachgemäßer Injektion lässt sich ein minimales Restrisiko nicht ausschließen.

Es hängt auch von der Art des eingespritzten Medikamentes ab. So wird bei manchen Präparaten, auch wenn sie zur Injektion in den Muskel deklariert sind, auf die Möglichkeit eitriger Geschwüre hingewiesen.

Gefährdet sind insbesondere Menschen mit Diabetes, Kranke mit verminderter Immunabwehr und solche, die häufiger eine Spritzenbehandlung benötigen, außerdem Drogenabhängige.

Wegen möglicherweise bedrohlicher Folgen wie einer Blutvergiftung muss beim geringsten Verdacht auf einen Spritzenabszess sofort der behandelnde Arzt hinzugezogen werden.

Symptome: Bei einem Spritzenabszess treten Schmerzen im Gesäß auf, die mitunter zunächst nicht genau erklärbar sind, weil der Abszess genug Nischen in der Tiefe der Muskeln findet. Erst nach einigen Tagen kann eine Schwellung und Rötung an der Haut sichtbar werden. Mögliche Begleitsymptome sind Einschränkungen beim Gehen durch die schmerzhafte Schwellung, außerdem Fieber, Schüttelfrost und Krankheitsgefühl. Bei oberflächlichen Abszessen kommt es relativ schnell zu äußerlich erkennbaren Zeichen wie Schwellung, Rötung, Überwärmung und vermehrte Berührungsmepfindlichkeit.

Diagnose: Ein Abszess im Gesäßmuskel (Glutaeus maximus) kann äußerlich oder bei entsprechendem Verdacht anhand einer Ultraschalluntersuchung erkannt werden. Die Tatsache einer vorausgegangenen Spritzenbehandlung ist in der Regel bekannt.

Therapie: Nicht jede schmerzhafte Schwellung nach einer intramuskulären Spritze ist gleichbedeutend mit einem Abszess. Zum Beispiel kann ein kleinerer Bluterguss aufgetreten sein. Damit verbundene Beschwerden können nach einigen Tagen mithilfe einer örtlichen Behandlung (kühlende Umschläge, Eiskompressen) wieder zurückgehen.

Entscheidend ist, dass der behandelnde Arzt die Möglichkeit hat, den Befund engmaschig zu kontrollieren. Bei einem sich abzeichnenden oder nachgewiesenen Abszess sind die zügige chirurgische Eröffnung der Abszesskapsel und eine Therapie mit Antibiotika notwendig. Der Eiter wird abgeleitet und die Wunde zum Abheilen gebracht. Gegebenenfalls ist auch eine plastische Operation angezeigt, um einen entstandenen Defekt abzudecken.

Hartnäckig: Steißbeinfistel (Pilonialsinus)

Die Gesäßfalte ist einer der Körperstellen, mithin die wichtigste, an denen sich ein Pilonidalsinus bilden kann, in diesem Fall also sogenannte Steißbeinfisteln. 

Dabei handelt es sich um chronische Entzündungen des Fettgewebes unter der Haut, wohl ausgehend von Haarbälgen. Dabei wird einmal angenommen, dass es zu einer Verhornungsstörung im Haarbalg kommt, der sich verschließt, sich infiziert und entzündet. Andererseits sollen abgebrochene Haare nach innen wachsen und dabei Hautkeime und abgeschilferte verhornte Haut (Keratin) mitnehmen. Jedenfalls entsteht ein Fremdkörperknötchen (Granulom) um eine kleine Gewebehöhle mit enthaltenen abgebrochenen Haaren, in der sich Eiter bilden kann.

Der daraus entstehende Abszess bahnt sich im weichen Unterhautgewebe einen Weg bis zum Steißbein oberhalb der Gesäßfalte – das Bindegewebe der Gesäßmuskeln setzt gewisse Grenzen – und nach außen. Somit kann sich ein weit verzweigtes Gang- oder Fistelsystem bilden, das hier und da mit sichtbaren Poren in der Haut mündet. Fisteln sind manchmal ein Notbehelf des Körpers, um einen Eiterherd zu entlasten.

Das Krankheitsbild betrifft doppelt so häufig Männer wie Frauen, Hauptaltersgruppe: 20 bis 30 Jahre. Begünstigend wirken starke Behaarung, Schweißabsonderung, ungenügende Hygiene, überwiegende Sitzhaltung, Übergewicht, geschwächte Immunabwehr.

Entzündungs- und Eiterherde der Haut sollte immer ein Dermatologe begutachten, da sie Ausdruck verschiedener Krankheitsbilder sein können. Die Behandlung eines Pilonidalsinus, der akut oder chronisch Beschwerden bereitet, obliegt dem Chirurgen oder Koloproktologen (Facharzt für Enddarmerkrankungen).

Abzugrenzen sind Abszesse oder Fisteln, die vom Analkanakal ausgehen. Dazu kommt es zum Beispiel häufiger bei der Crohn-Krankheit (Morbus Crohn).

Symptome (Steißbeinfistel): Der entzündete Pilonidalsinus ist äußerlich als Pickel oder größeres gerötetes und geschwollenes Gebilde sichtbar, eventuell mit Eiterpunkt. Die Umgebung kann ausgesprochen schmerzhaft sein, Sitzen unmöglich, Liegen oder Laufen oft beschwerlich. Meist fühlen sich die Betroffenen krank, können Fieber, gelegentlich auch Schüttelfrost haben.

Reizlose Fistelöffnungen sind mitunter so klein, dass sie teilweise gar nicht wahrgenommen werden. Im chronischen Stadium sind die Beschwerden wechselhaft, häufig entleert sich Sekret und Blut, das auch aus Poren neben der Gesäßfalte kommen kann. Meist bestehen eher keine Schmerzen, aber es kann ein leichtes Brennen oder auch Juckreiz vorhanden sein, vor allem im Sitzen. Manche Betroffenen sind über längere Phasen beschwerdefrei (Remission). Allerdings ist eine spontane Selbstheilung eher nicht zu erwarten. Der behandelnde Arzt wird den Befund regelmäßig kontrollieren, auch nach einem Eingriff.

Diagnose: Sie ergibt sich aus dem Befund und dem Krankheitsverlauf. Druck auf die Umgebung des Pilonidalsinus bei der klinischen Untersuchung lässt entzündliches Sekret aus der/den Pore/n austreten.

Therapie: Ein akuter Abszess wird zunächst meist in örtlicher Betäubung gespalten, der Eiter fließt ab und die Entzündung kann abschwellen. Dadurch lassen auch die Schmerzen nach. Im zweiten Schritt wird das Fistelsystem nebst Abszesshöhle angegangen.

Fisteln sollten auch behandelt werden, wenn sie chronisch Beschwerden machen.

Es gibt zahlreiche Operationsverfahren – minimalinvasive Techniken für kleinere Krankheitsherde, auch mit Laser und Endoskop, und herkömmliche Schnitttechniken (Exzisionsverfahren) mit offener oder geschlossener Wundheilung und unterschiedlicher Positionierung des Schnitts.

Alles hat Vor- und Nachteile, worüber die behandelnden Ärzte aufklären müssen. Die schneller wiederhergestellte Lebensqualität nach dem Eingriff steht zum Beispiel im Widerstreit mit der Rückfallhäufigkeit und Notwendigkeit eines erneuten Eingriffs. Auch die Dauer der Wundheilung spielt eine Rolle.

Eine gute Hygiene, Alkohol- und Rauchverzicht nach der Operation sind wichtige Voraussetzungen für die Genesung und einen günstigen Verlauf. Ob regelmäßiges Rasieren für etwa ein Jahr nach dem Eingriff wirklich Vorteile bringt, ist derzeit nicht erwiesen.