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Die Lungen sitzen auf dem Zwerchfell, in der Mitte dazwischen liegt das Herz (hier nicht dargestellt; schematisch)

Die Lungen sitzen auf dem Zwerchfell, in der Mitte dazwischen liegt das Herz (hier nicht dargestellt; schematisch)

Zwerchfell: Atemmuskel Nr. 1

Der größte Atemmuskel, das Zwerchfell, bewegt bis zu zwei Drittel der Atemluft. Beim Einatmen zieht es sich zusammen, die Lungen dehnen sich nach unten aus. Die kleinen (inneren und äußeren) Atemmuskeln zwischen Rippen unterstützen die Atembewegungen. Als Atemhilfsmuskeln wirken vor allem größere Brustmuskeln, Muskeln des Schultergürtels und am Hals.

Die Atemmuskeln sind willkürlich aktivierbar. Grundsätzlich sorgt aber das Gehirn mit seinen Impulsen dafür, dass wir nicht ans Atmen denken müssen und automatisch regelmäßig Luft holen.

Was Zwerchfell-Lähmungen bedeuten

  • Muskelschwäche oder Lähmungen können auch die Atemmuskulatur betreffen. Beispiele hier: Die Poliomyelitis ("Polio", Kinderlähmung), die durch die Impfung bei uns stark zurückgedrängt wurde, in anderen Ländern wie Afghanistan, Pakistan und Nigeria dafür nach wie vor präsent (endemisch) ist, sodann neuromuskuläre Erkrankungen, die mit Muskelschwäche und Muskelschwund einhergehen, oder auch Myasthenia gravis. Auch eine Überfunktion der Schilddrüse, Alkoholmissbrauch oder verschiedene Medikamente können die Muskeln beeinträchtigen.

    Symptome: Ist die Atemmuskulatur geschwächt, kommt es zu einer Atemschwäche (Hypoventilation) und subjektiv zu Atemnot: Die Atmung ist hier durchgehend unzureichend und kann den nötigen Gasaustausch nicht mehr gewährleisten. Weitere Symptome hängen von der Grunderkrankung ab.

    Therapie: Bei unzureichendem Gasaustausch ist eine Beatmung nötig. Die Grunderkrankung wird so gezielt wie möglich behandelt. Eine wichtige Rolle spielt auch die Physiotherapie.

    - Zwerchfell-Lähmung:
    Zwerchfell-Lähmungen betreffen überwiegend den Zerchfellnerv und treten meistens auf einer Seite auf. Häufigste erworbene Ursachen sind Tumoren, die den Zwerchfellnerv bedrängen, zum Beispiel eine Krebsgeschwulst in der Lunge oder erkrankte Lymphknoten, aber auch Unfälle.

    Der Zwerchfellnerv ist Teil des Armnervengeflechtes (= Plexus). Mitunter tritt eine einseitige Zwerchfell-Lähmung im Zuge einer ausgeprägten, zudem sehr  schmerzhaften Schwäche der Schulter- und Oberarmmuskulatur (Armplexusneuritis oder neuralgische Schulteramyotrophie) auf. Betroffen ist hier meist der rechte Arm, seltener beide Seiten. Die Schmerzen gehen der Muskelschwäche (oder Lähmung) häufig voraus. Das Krankheitsbild kann Folge einer Virusinfektion sein, etwa einer Grippe, aber zum Beispiel auch im Zusammenhang mit rheumatischen Erkrankungen und anderen Ursachen entstehen. Mitunter treten isolierte Zwerchfelllähmungen auf, sehr selten auch beidseitig. Die Prognose ist meist relativ gut, die Rückbildung der Muskelschwächen (Schultergürtel, Zwerchfell) kann aber bis zu drei Jahren dauern.

    Selten liegt eine genetische Veranlagung zugrunde (hereditäre neuralgische Amyotrophie). Dabei kommt es wieder zu Krankheitsschüben (rezidivierende fokale Neuropathie) mit Armplexusneuritis.

    Nach einer vorausgegangenen Infektion (Viren, Bakterien, vor allem in den Atemwegen und im Magen-Darmtrakt) entwickelt sich mitunter ein sogenanntes Guillain-Barré-Syndrom (GBS), das mit aufsteigenden Lähmungen einhergeht: Gangstörung, Blasen- und Darmstörung, beidseitige Zwerchfelllähmung, geschwächte Atem- und Herztätigkeit, Gesichtslähmung, mitunter auch Sprech- oder Schluckstörung. Das Bewusstsein ist nicht beeinträchtigt.

    Bestimmte Erkrankungen der Muskeln und Nerven (Muskeldystrophien, Amyotrophe Lateralsklerose) können ebenfalls eine beidseitige Zwerchfellähmung zur Folge haben. Auch eine Verletzung, etwa eine Querschnittlähmung (beidseitig), kann verantwortlich sein.

    Atemlähmungen durch Gehirnerkrankungen sind kein Thema dieses Ratgebers.

    Symptome:
    Falls die Lähmung beide Seiten betrifft, kommt es zwangsläufig zu akuter Atemnot, besonders im Liegen. Die Betroffenen können nicht in der Horizontalen schlafen, da der Zwerchfellmuskel in einer bestimmten Schlafphase der einzig aktive Atemmuskel ist. Bevorzugte Haltung ist ein aufrechter Oberkörper und Atmen mit aufgestützten Armen, um die Hilfsmuskeln der Atmung besser zu nutzen. Demzufolge leiden sie stark unter dem gestörten Schlaf, sind kaum belastbar und tagsüber ständig müde. Vorübergehend kann bei schlechten Atemwerten eine Behandlung mit einer Beatmungsmaske sinnvoll sein, auch im Vorfeld eines Eingriffs (siehe unten). Komplikationen an den Lungen sind wiederholte Infektionen und Veränderungen wie Atelektase und Fibrose (siehe jeweils unter "Atemnot – Ursachen: Lungenerkrankungen" in diesem Beitrag).

    Eine einseitige Zwerchfell-Lähmung spüren die Betroffenen anhand der paradoxen Beweglichkeit des Zwerchfells vor allem bei bestimmten Körperhaltungen: Vor allem beim Vornüberbeugen, etwa zum Schuhebinden, oder im Liegen kann Luftnot auftreten. Das Zwerchfell wird hier durch den Sog der anderen Atemmuskeln und den Druck der Bauchorgane nach oben gezogen, was im Stehen durch die Schwerkraft "korrigiert" wird. Auch bei körperlicher Belastung oder eingeschränkter Atemkapazität kann Atemnot auftreten. Wenn die Lunge auf der entsprechenden Seite im Liegen etwas schlechter belüftet wird, neigt sie eher zu Entzündungen durch Infektionen.


    Diagnose, Therapie: Röntgenaufnahmen des Brustkorbs und eine Ultraschalluntersuchung lassen eine einseitige Zwerchfelllähmung meist erkennen. Das gelähmte Zwerchfell steht im Röntgenbild etwas höher. Bei der Ultraschalluntersuchung ist die (ausbleibende) Zwerchfellfunktion beim Atmen gut erkennbar. Messungen bestimmter Atemparameter (Spirometrie) mit Positionswechsel vom Sitzen zum Liegen stützen die Diagnose.

    Bei Verdacht auf ein GBS ist unter anderem eine Hirnwasseruntersuchung sinnvoll. Hochdosierte Gabe von Immunglobulinen über die Blutbahn oder eine Plasmaaustauschbehandlung (Plasmapherese) sind etablierte Behandlungswege bei Patienten mit ausgeprägtem Krankheitsverlauf; in der akuten Phase werden sie intensivmedizinisch betreut.

    Je nach Ursache und Ausprägung kann die Lähmung sich nach gewisser Zeit wieder zurückbilden, auch bei einem GBS. Wenn eine einseitige Lähmung Beschwerden bereitet – oder auch bei beidseitiger Zwerchfellähmung – ist es möglich, das Zwerchfell operativ zu raffen. Im letzteren Fall kann im Einzelfall auch eine Schrittmacherbehandlung (phrenic-nerve-stimulation, PNS) möglich sein. Dazu müssen zum Beispiel Zwerchfellnerven und Zwerchfell sowie die Lungen prinzipiell funktionstüchtig sein (zum Beispiel bei Patienten mit einer hohen Querschnittslähmung). Das Verfahren ist an ein erfahrenes Zentrum gebunden.

Auch Erkrankungen, die zu Verformungen des Brustkorbs führen, können die Atmung behindern

  • Verformung des Brustkorbs: Formanomalien des Brustkorbs können die Atmung mechanisch behindern und zu Atemnot führen. Die verschiedenen Formen der Skoliose spielen hier zum Beispiel eine Rolle. Am häufigsten kommt im Wachstumsalter die Skoliose unbekannter Ursache (idiopathisch) vor.

    Wenn es im Rahmen der Skoliose zu einer deutlichen Verdrehung (Torsion) der Brustwirbelsäule und der Rippen kommt, kann das die Funktion der Brustorgane, vor allem von Herz, Lungen und Zwerchfell, behindern. Manchmal entsteht sogar ein Lungenhochdruck. In der Regel werden die Betroffenen von Kindesbeinen an engmaschig von ihrem Orthopäden betreut. Zeichnet sich eine Verschlechterung der Skoliose ab oder liegt beispielsweise eine Muskel- oder Nervenstörung zugrunde, streben die Ärzte rechtzeitig eine Operation an. Dadurch lässt sich auch die Entwicklung von Atembeschwerden verhindern.

    Mehr zu diesem Thema, insbesondere auch zur Therapie, im Beitrag "Skoliose".

    Eine ausgeprägte Trichterbrust kann ebenfalls die Atmung beeinträchtigen. Mit einer Operation lässt sich das beheben. Bei einer fortgeschrittenen Bechterew-Erkrankung engt mitunter eine versteifte Brustwirbelsäule die Atmung ein; außerdem entwickelt sich manchmal eine Lungenfibrose. Heute behandeln die Ärzte daher oft schon frühzeitig mit Medikamenten, um das Leiden unter Kontrolle zu halten.
  • Auch Verletzungen des Brustkorbs, etwa Rippenbrüche, können das Atmen erschweren.