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Fibromyalgie – kurz erklärt

  • Das Fibromyalgiesyndrom ist ein chronisches Schmerzsyndrom.
  • Es treten andauernde Schmerzen in verschiedenen Körperregionen auf, begleitet von weiteren Symptomen wie Erschöpfung und Schlafstörungen.
  • Es dauert oft lange, bis die richtige Diagnose gestellt wird, da es derzeit keine spezifischen Nachweisverfahren gibt, zum Beispiel einen Bluttest.
  • Die Therapie richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und besteht aus verschiedenen Bausteinen.

Was ist das Fibromyalgiesyndrom?

Das Fibromyalgiesyndrom, kurz: FMS, ist ein chronisches Schmerzsyndrom, das die Lebensqualität deutlich einschränken kann. Es ist charakterisiert durch einen großflächig auftretenden und anhaltenden Schmerz in verschiedenen Körperregionen, häufig an Brust, Rücken sowie Armen und Beinen. Neben dem Schmerz bestehen weitere Beschwerden, unter anderem Schlafprobleme und Erschöpfung.

Fibromyalgie als Wort beschreibt "Faser-Muskel-Schmerz". Ärzte und Ärztinnen sprechen von einem Syndrom, weil ein typischer Komplex verschiedener Symptome vorhanden ist, der sich nicht durch einen bestimmten Auslöser erklären lässt.

Wissenschaftler sind sich uneins darüber, welche Ursachen dahinter stecken und was das Syndrom begünstigt. Es ist keine psychische Krankheit, es handelt sich nicht um Weichteilrheuma oder eine andere entzündlich-rheumatische Erkrankung. Es liegen nach derzeitigem Wissen auch keine Störungen in den Muskeln oder Gelenken zugrunde. FMS geht häufig mit einer Depression oder Angststörung einher, die sich vermutlich als Folge der oft jahrelangen Leidensgeschichten und Arztodysseen entwickelt. Auch andere Erkrankungen treten gehäuft im Zusammenhang mit FMS auf.

Deutlich mehr Frauen erkranken an FMS als Männer, meistens zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. In Deutschland sind circa zwei bis drei Prozent der Bevölkerung betroffen. Auch bei Kindern und Jugendlichen kann das Fibromyalgiesyndrom auftreten.

Welche Ursachen könnten das Fibromyalgiesyndrom auslösen?

Die deutsche Ärzteleitlinie stuft die Fibromyalgie als "funktionelles somatisches Syndrom" ein. Das bedeutet: Es liegt ein typischer Komplex körperlicher Symptome vor (Syndrom), der über einen bestimmten Zeitraum anhält und sich nicht durch eine (nachweisbare) körperliche Ursache (somatisch) erklären lässt.

Welcher Krankheitsmechanismus dahinterstecken könnte, ist unklar. Es gibt derzeit verschiedene Erklärungsansätze:

Gestörte Schmerzverarbeitung im Zentralnervensystem

Akute Schmerzen entstehen, wenn wir beispielsweise an die heiße Herdplatte fassen oder beim Sport stürzen. Dann senden Nervenfasern aus der betroffenen Region – zum Beispiel der Hand oder dem Knie – elektrische Signale über das Rückenmark bis ins zentrale Nervensystem (ZNS). Dort werden die Signale verarbeitet und Schmerz wird wahrgenommen. Das alles geschieht rasend schnell und ebbt auch wieder ab. Chronische Schmerzen treten unter anderem dann auf, wenn die Nervenfasern aus der Peripherie ständig Signale ans ZNS senden. Es "merkt sich" quasi die Reize, wird sensibilisiert und reagiert mit der Zeit immer früher auf die eintreffenden Reize. Es entsteht eine sogenannte zentrale Sensibilisierung.

Einige Forscher vermuten, dass dies auch beim Fibromyalgiesyndrom passieren könnte. Andauernde Schmerzsignale könnten dazu führen, dass das zentrale Nervensystem überaktiv wird und unter anderem Schmerzen nicht normal verarbeitet. Es könnte mit einem gesteigerten Schmerzempfinden reagieren. Betroffene nehmen beispielsweise äußere Einflüsse als schmerzhaft wahr, die normalerweise nicht wehtun sollten, etwa eine Massage. Ärzte sprechen hierbei von Allodynie.

An der Schmerzverarbeitung sind zahlreiche Botenstoffe beteiligt. Zu diesen sogenannten Neurotransmittern gehören zum Beispiel Serotonin, Glutamat und Dopamin. Bei Untergruppen von Fibromyalgie-Patienten und –Patientinnen können die Konzentrationen dieser Botenstoffe verändert sein, worauf manche Studien hinweisen.

Wie entsteht Schmerz?

Fehlfunktion des autonomen Nervensystems

Das autonome Nervensystem (unwillkürliche Funktionen) ist der eine Teil unseres gesamten Nervensystems, der andere ist das somatische Nervensystem (willkürliche, also steuerbare Funktionen). Beide sind wiederum Teil des zentralen und des peripheren Nervensystems. Das ZNS wird von Gehirn und Rückenmark gebildet, das periphere Nervensystem durchzieht die verschiedenen Organe und Körperregionen. Das autonome Nervensystem besteht aus dem Sympathikus ("Flucht oder Angriff") und dem Parasympathikus ("Ruhe und Verdauung"). Einige Studien weisen daraufhin, dass bei Untergruppen von Patientinnen und Patienten mit einem Fibromyalgiesyndrom auch eine Fehlfunktion des autonomen Nervensystems (Dysautonomie) zugrunde liegen könnte. Bei einigen Patientinnen ist der Sympathikus zu aktiv, bei anderen Patienten der Parasympathikus. Da das autonome Nervensystem zahlreiche Körperfunktionen steuert, könnte dies die oft vielfältigen Beschwerden der Betroffenen erklären.

Störungen im Bereich des peripheren Nervensystems

Zum peripheren Nervensystem gehören große und kleine Nervenfasern, die den Körper durchziehen und Signale ans ZNS weiterleiten. Neuere Studien legen nahe, dass auch eine Störung im Bereich von kleinen Nervenfasern, vor allem der sogenannten Small Fibers, bei einem Teil der Betroffenen zu FMS-Schmerzen beitragen könnte. Die Small Fibers enden in der Haut und sind dort unter anderem für die Schmerzwahrnehmung, das Temperaturempfinden, Juckreiz und das Wahrnehmen von angenehmer Berührung zuständig. Eine Übersichtsarbeit ergab, dass sich bei im Schnitt 49 Prozent der untersuchten FMS-Patienten Auffälligkeiten im Bereich der Small Fibers fanden. Es ist aber noch nicht klar, wie es bei den Patienten zu einer Beeinträchtigung dieser Nervenfasern kommt und wie diese Schädigung eventuell zum Schmerz beitragen kann.

Da Nervensystem, Immunsystem, Hormonsystem und Psyche eng miteinander verknüpft sind und zahlreiche Körperfunktionen beeinflussen, wirkt sich das Fibromyalgiesyndrom auf vielfältige Weise aus.

Welche Faktoren können ein FMS begünstigen?

  • Genetische Veranlagung: Manche Menschen mit FMS bauen wohl den Gehirnbotenstoff Serotonin zu schnell ab. Das könnte dazu beitragen, Schmerzen früher als solche wahrzunehmen und die Schmerzverarbeitung zu beeinträchtigen.
  • Ob bestimmte Infektionen ein FMS begünstigen ist umstritten, wird aber immer wieder von Patienten und Patientinnen als potenzieller Auslöser genannt.
  • Häufig wird auch ein Mangel an Vitamin D als Einflussfaktor diskutiert. Es haben jedoch sehr viele Menschen niedrige Vitamin D-Spiegel, sodass dieser Faktor sehr unspezifisch ist.
  • Ein Übermaß an negativ empfundenem psychischen und/oder körperlichen Stress gilt als häufiger Risikofaktor des Fibromyalgiesyndroms.
  • Menschen mit bestimmten Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen scheinen öfter an Fibromyalgie zu erkranken, weshalb manche Ärzte und Ärztinnen psychische Faktoren als Auslöser ansehen. So trifft es wohl typischerweise Menschen, die unter anderem sehr pflichtbewusst sind, anderen helfen, selbstkritisch sind und Emotionen unterdrücken.
  • Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel
  • Seelische oder körperliche Traumata, etwa sexueller Missbrauch oder ein Unfall

Aufgrund der möglichen Einflussfaktoren versuchen einige Wissenschafter, das Fibromyalgiesyndrom mit dem sogenannten biopsychosozialen Modell zu erklären: Bestimmte körperliche und psychische Faktoren lösen die Krankheit bei einer entsprechenden Veranlagung aus. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich um eine psychische Krankheit handelt, nur, dass mehrere ungünstige Lebensumstände zusammenkommen und den Körper aus dem Lot bringen.

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

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