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Es kann jeden treffen und es kann überall passieren: In der U-Bahn, der Fußgängerzone, im Büro: Ein Mensch bricht auf einmal zusammen und atmet nicht mehr. Plötzlicher Herzstillstand! Jetzt ist schnelle Erste Hilfe wichtig. Überlebenswichtig.

Eine Herzdruckmassage ist ganz einfach. Jeder kann helfen. Dennoch tun es nur wenige. Laut Deutschem Rat für Wiederbelebung (German Resuscitation Council) lag die Helferquote beim Herzstillstand in Deutschland 2017 bei 42 Prozent.

Laut des Deutschen Rates für Wiederbelebung könnten jährlich 10.000 Leben in Deutschland gerettet werden, wenn sofort mit einer Herzdruckmassage begonnen würde.

Professor Dr. Bernd W. Böttiger, Vorsitzender des Deutschen Rats für Wiederbelebung

Professor Dr. Bernd W. Böttiger, Vorsitzender des Deutschen Rats für Wiederbelebung

Herzmassage: In Deutschland trauen sich viele Menschen nicht

Eine sofortige Herzdruckmassage verdoppelt bis verdreifacht die Überlebenschance des Patienten. Wir brauchen eine bessere Aufklärung, damit sich auch in Deutschland mehr Menschen trauen, im Notfall zu helfen. Für die Kampagne "Ein Leben retten. 100 Pro Reanimation" (www.einlebenretten.de*) haben sich der Berufsverband Deutscher Anästhesisten e.V., die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V., der German Resuscitation Council und die Stiftung Deutsche Anästhesiologie zusammengeschlossen. Sie wollen das Bewusstsein der Menschen für Erste Hilfe schärfen und zur Wiederbelebung im Notfall ermutigen. Denn: Man kann nichts falsch machen – außer, nicht zu helfen.

"In dem Moment, in dem ein Mensch nicht reagiert und nicht normal atmet, muss man davon ausgehen, dass der Kreislauf steht und das Gehirn nicht mehr mit Sauerstoff versorgt wird. Dann muss man sofort die Funktion des Herzens übernehmen und mit der Herzdruckmassage beginnen", erklärt Professor Dr. Bernd W. Böttiger, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Universitätsklinikum Köln und Vorsitzender des Deutschen Rats für Wiederbelebung.

Jede Minute zählt: Ersthelfer sind Lebensretter

Jede Minute zählt: Wenn nach einem Herzstillstand nicht innerhalb von fünf Minuten einfache Maßnahmen durchgeführt werden, vor allem die Herzdruckmassage, sinkt die Überlebenschance rapide. "Die Gehirnzellen fangen an abzusterben, wenn sie drei bis fünf Minuten nicht mit Sauerstoff versorgt werden. Jede Minute ohne Herzdruckmassage verschlechtert die Überlebenschance um etwa zehn Prozent", sagt Professor Böttiger. "In Deutschland dauert es durchschnittlich acht Minuten, bis nach einem Notruf der Rettungsdienst kommt". Diese Zeit muss der Ersthelfer überbrücken.

So funktioniert die Herzdruckmassage

Prüfen

Sprechen Sie die leblose Person laut an. Schütteln Sie ihre Schultern. Keine Reaktion? Prüfen Sie die Atmung, indem Sie Ihr Ohr nah vor Mund und Nase des Betroffenen halten. Beobachten Sie auch den Brustkorb. So können Sie Atemzüge hören, fühlen oder sehen. Keine Atmung oder keine normale Atmung (Schnappatmung)?

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Rufen

Rufen Sie den Notruf 112 oder bitten Sie andere Ersthelfer, den Rettungsdienst zu alarmieren.

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Drücken

Beginnen Sie sofort mit der Herzdruckmassage:

Machen Sie den Brustkorb frei. Legen Sie Ihre Handballen auf die Mitte des Brustbeins. Verschränken Sie am besten die Finger. Halten Sie die Arme gerade und gehen Sie mit den Schultern senkrecht über den Brustkorb des Betroffenen – so können Sie viel Kraft ausüben. Drücken Sie das Brustbein fünf bis sechs Zentimeter tief nach unten. Drücken Sie fest und schnell, zirka 100 bis 120 Mal pro Minute. Hören Sie nicht auf, bis professionelle Hilfe eintrifft.

"Die Herzmassage muss heftig und intensiv sein und den Brustkorb tief hinunterdrücken", verdeutlicht Böttiger. Das ist anstrengend und kostet mehr Kraft, als man denkt – wechseln Sie sich wenn es geht alle zwei Minuten mit anderen Ersthelfern ab. Und haben Sie keine Angst, den Betroffenen womöglich zu verletzen. "Es kann immer sein, dass es zu kleineren Verletzungen wie zum Beispiel Rippenbrüchen kommt", sagt Böttiger. Aber hier geht es um Leben oder Tod. Eine gebrochene Rippe ist für das Opfer leicht zu verschmerzen, wenn Sie ihm dafür das Leben retten.

Stichwort Mund-zu-Mund-Beatmung

Geschulte Helfer können (und sollen!) auch die Mund-zu-Mund-Beatmung durchführen im Verhältnis: 30 Herzdruckmassagen zu zwei Beatmungen.

"Die Mund-zu-Mund-Beatmung kann man machen, wenn man sie gelernt hat. Nur dann ist sie sinnvoll und erhöht die Überlebenschance des Betroffenen weiter", sagt Experte Böttiger. "Und das wichtigste ist die Herzmassage. Unser Motto ist: Hauptsache heftige Herzmassage."

Im Takt von "Staying Alive"

Sie sind sich nicht sicher, wie schnell 100 bis 120 Schläge pro Minute sind? Tipp Nummer eins: Zählen Sie die Sekunden: 21, 22, 23 – und in diese Zeit gehören fünf bis sechs Herzmassagen. Tipp Nummer zwei: Stellen Sie sich das bekannte Lied "Staying Alive" von den Bee Gees vor oder laden Sie es auf ihr Handy. Nicht nur, weil Ihnen das Lied gefällt und der Titel (zu Deutsch "Am Leben bleiben") gut passt. Der Song gibt genau den richtigen Takt vor, nämlich 100 Beats pro Minute. In diesem Rhythmus müssen Sie die Herzdruckmassage ausüben – das ist schneller, als die meisten denken.

Wiederbelebung mit Defibrillator

Viele von uns kennen Defibrillatoren nur aus Filmen und Fernsehen: Durch einen Stromstoß bringen die Geräte das Herz – zum Beispiel bei Herz-Rhythmus-Störungen oder Kammerflimmern – im Optimalfall wieder in einen normalen Rhythmus. Sogenannte automatisierte externe Defibrillatoren (kurz AED) können auch Laien bedienen. AEDs hängen inzwischen an vielen öffentlichen Plätzen wie U-Bahn-Stationen, Bahnhöfen oder Flughäfen. Die Bedienung ist ganz einfach. Eine Lautsprecherstimme im Gerät leitet den Ersthelfer Schritt für Schritt an.

Doch Vorsicht: Ein Defibrillator kann keine Herzmassage ersetzen! Die Herzmassage ist und bleibt das Wichtigste bei der Wiederbelebung. "Wenn ein externer automatischer Defibrillator vorhanden ist, kann man sich diesen bringen lassen und auch anwenden. Das verbessert weiter die Überlebensrate der betroffenen Patienten dann, wenn sie ein Kammerflimmern haben", sagt Professor Böttiger. "Allerdings darf man keinesfalls die Wiederbelebung unterbrechen, um einen Defibrillator zu organisieren."

Laien-Defibrillatoren leiten den Ersthelfer Schritt für Schritt an. Unterbrechen Sie die Herzdruckmassage für den Einsatz des Gerätes aber nur so kurz, wie möglich

Laien-Defibrillatoren leiten den Ersthelfer Schritt für Schritt an. Unterbrechen Sie die Herzdruckmassage für den Einsatz des Gerätes aber nur so kurz, wie möglich

So funktioniert ein Defibrillator

Schalten Sie das Gerät ein. Der Defibrillator fordert Sie nun auf, die beiden Elektroden auf dem Oberkörper des Betroffenen anzubringen. Dafür müssen Sie die Klebefolie entfernen. Bringen Sie die Elektroden unter dem rechten Schlüsselbein und unter der linken Achsel an. Der Defibrillator prüft nun, ob die medizinischen Voraussetzungen für eine Schock gegeben sind, zum Beispiel ein Kammerflimmern. Falls ja, fordert das Gerät Sie auf, den Patienten nicht zu berühren und die Schocktaste zu drücken.

Wichtig: Sie müssen die Herzdruckmassage sofort nach der Defibrillation wieder aufnehmen und solange fortsetzen, bis der Notarzt eintrifft oder die Person wieder normal atmet beziehungsweise zu sich kommt. Ebenfalls wichtig: Auch wenn der Defibrillator keinen Schock empfiehlt, müssen Sie den Betroffenen weiter mit der Herzdruckmassage reanimieren. Der Patient ist nach wie vor in Lebensgefahr!

Laien könnten im Jahr bis zu 10.000 Menschen das Leben retten

Der plötzliche Herztod ist mit mindestens 70.000 bis 80.000 Fällen pro Jahr eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Entscheidend für das Überleben ist eine optimale Rettungskette. Die Ersthelfer vor Ort sind dabei das erste Glied dieser Kette – ihr schnelles Handeln kann Leben retten. "Wenn Laien sehr viel häufiger, als das heute der Fall ist, mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen würden, könnten pro Jahr allein in Deutschland mindestens 5.000, wahrscheinlich sogar 10.000 Menschen mehr gerettet werden", gibt Professor Böttiger zu bedenken.

Wirklich jeder kann eine Herzdruckmassage ausführen. Wer sich unsicher ist, sollte mal wieder einen Erste-Hilfe-Kurs belegen. "Viele Hilfsorganisationen bieten auch kurze Auffrischungskurse von ein bis zwei Stunden an. Das ist oft völlig ausreichend, um einen Menschen erfolgreich wiederzubeleben", sagt Böttiger. "Und wenn der Patient dann überlebt, dann haben Sie ein Leben gerettet. Und es gibt kaum etwas Größeres."

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