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Zweimal die Eins, einmal die Zwei: Tippt man mit zitternden Fingern diese Nummer ins Telefon, dann ist die Lage ernst.

Vielleicht hat die kleine Tochter Reinigungsmittel geschluckt und wirkt nun benommen. Oder an der Bushaltestelle ist ein älterer Mann bewusstlos in sich zusammengesackt. Oder man selbst ist zu Hause auf der Treppe ausgerutscht und kann sich nur unter extremen Schmerzen bewegen.

In Situationen wie diesen ist klar: Hilfe wird gebraucht – und zwar schnell. Deutschlandweit gibt es dafür zwei Telefonnummern:

112 = Rettungsdienst, für akute eventuell lebensbedrohliche Zustände

116117 = Ärztlicher Bereitschaftsdienst, für dringende aber nicht lebensbedrohliche Zustände

Der ärztliche Bereitschaftsdienst heißt in manchen Gegenden auch Notdienst oder Notfalldienst – das sollte nicht mit dem Rettungsdienst verwechselt werden.

Einige zögern, wenn es darum geht, einen Notruf abzusetzen oder sich aus eigener Kraft in die Notaufnahme zu begeben. Andere tun es, obwohl es vielleicht gar nicht notwendig wäre. Wie trifft man die richtige Entscheidung? Ein Notfallmediziner klärt auf.

Wann sollte ich die 112 wählen?

„Wenn es sich um eine plötzlich aufgetretene, lebensbedrohliche Situation handelt, die keinen Aufschub erlaubt, sondern die Hilfe sofort kommen muss“, sagt Martin Massmann. Er ist Oberarzt in der Zentralen Notaufnahme der Schön Klinik Neustadt (Schleswig-Holstein).

Was heißt akut lebensbedrohlich?

112 sollten Sie zum Beispiel wählen bei:

  • Ohnmacht
  • Unfällen mit schweren Verletzungen, Knochenbrüchen,
  • großem Blutverlust
  • allergischem Schock (Anaphylaxie)
  • Anzeichen für Lungenembolie oder Herzinfarkt wie Atemnot – bei letzterem zusammen mit plötzlichem Brustschmerz oder Schmerzen im Rücken zwischen den Schulterblättern
  • möglichen Symptomen eines Schlaganfalls wie neu aufgetretenen Sprachstörungen, Sehstörungen oder Lähmungserscheinungen
  • starken Schmerzen (mit Ausmaßen wie Geburtswehen)
  • Stromunfälle mit Herzstolpern, Atemnot oder Krampfgefühl

Wer sich unsicher ist, wählt besser den Notruf 112. „Lieber einmal häufiger als einmal zu wenig“, sagt Massmann. Denn die Fachleute in der Leitstelle folgen im Telefonat einem Fragebogen, der auf eine schnelle Einschätzung der Situation ausgelegt ist. Und sie entscheiden dann, was am besten zu tun ist – ob etwa ein Rettungswagen mit Notarzt oder Notärztin losgeschickt wird. Übrigens: Die Notrufnummer 112 gilt europaweit.

Im Notfall richtig handeln

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Was heißt dringend, aber nicht lebensbedrohlich?

„Wenn man einen fieberhaften Infekt, eine starke Erkältung oder einen Magen-Darm-Infekt hat, sind das keine Situationen für den Notruf“, sagt Notfallmediziner Massmann. Aber auch bei nicht lebensbedrohlichen Beschwerden kann man nicht immer abwarten, bis am nächsten Morgen oder am Montag die Arztpraxis ihre Türen wieder öffnet. Etwa, wenn ein ältere Mensch durch einen Magen-Darm-Infekt so schlapp ist, dass er nicht mehr essen und trinken mag, wenn ein Hexenschuss einen nahezu bewegungsunfähig macht, ein junger Mann aufgrund einer Migräne ständig erbrechen muss oder ein Baby plötzlich fiebert.

Dann ist eine andere Telefonnummer die bessere Wahl: 116117. Hinter dem Angebot steht die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Wählt man die 116117, erreicht man rund um die Uhr den ärztlichen Bereitschaftsdienst, der Rat geben kann, was bei den entsprechenden Beschwerden am besten zu tun ist. Und zum Beispiel Bereitschaftspraxen vorschlägt, die man aufsuchen kann. Bei Bedarf kommt eine Ärztin oder ein Arzt auch zu Hause vorbei.

Auf der Webseite gibt es auch ein Patienten-Navi, das gesundheitliche Beschwerden online abfragt. Am Ende steht ein Rat, wie man nun am besten weiter vorgeht.

Beim Notruf 112: Wie mache ich Rettungskräften die Arbeit leichter?

Damit kann man schon am Telefon beginnen. Die Gesprächsführung sollte man dem Disponenten oder der Disponentin in der Leitstelle überlassen, rät Martin Massmann. Wird man am Telefon unterbrochen, sollte man das nicht persönlich nehmen.

Reanimationshilfe per Telefon: Die Disponenten können den Anrufer auch bei Erste-Hilfe-Maßnahmen anleiten. Zum Beispiel, wenn der ohnmächtig aufgefundene Mensch einen Kreislaufstillstand hat und deshalb eine Wiederbelebung nötig ist.

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Macht sich ein Rettungswagen auf den Weg zur verletzten Person, sollte jemand die Rettungskräfte in Empfang nehmen, zum Beispiel an der Straße. „Schlecht ist, wenn der Rettungswagen kommt, aber den Einsatzort nicht finden kann“, sagt Martin Massmann. Denn dann gehen wertvolle Minuten verloren.

Sind die Rettungskräfte da, gilt: „Es ist wenig geholfen, wenn jemand dazwischenfunkt“, sagt Massmann. Etwa durch Worte oder auch, wenn man durch den Arbeitsbereich der Notfallsanitäterinnen und -sanitäter läuft. Angehörige halten sich am besten zurück und antworten erst mal nur auf die Fragen, die die Rettungskräfte stellen.

Und wenn es ins Krankenhaus geht? „Natürlich ist es wichtig, dass die Patienten fürs Krankenhaus etwas zum Anziehen mitbekommen“, sagt Martin Massmann. „Aber noch wichtiger ist ein Medikamentenplan, eventuell Arztbriefe oder auch eine Patientenverfügung, falls vorhanden. Und was man auch braucht: eine Telefonnummer von Angehörigen.“