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Die Colitis ulcerosa verläuft meist in Schüben. Wie ein akuter Schub behandelt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel davon, wie stark der Schub ist, wie weit die Colitis fortgeschritten ist, welche Medikamente in der Vergangenheit geholfen haben und ob sich die Krankheit auch außerhalb des Darms äußert. Ziel ist, dass die Symptome rasch wieder abklingen und sich eine beschwerdefreie Phase, die sogenannte Remission, einstellt.

Akuter Schub

Behandlung der Proktitis (milder bis moderater Verlauf)

Beschränkt sich die Colitis auf den letzten Abschnitt des Dickdarms, führen Patienten und Patientinnen normalerweise Zäpfchen mit dem Wirkstoff Mesalazin ein. Alternativ kommen Schäume und Einläufe (Klysmen) infrage. Mesalazin (5-ASA) ist ein entzündungshemmendes Mittel, das in den meisten Fällen gut vertragen wird. Reicht die lokale Gabe des Arzneistoffs nicht aus, um die Entzündung einzudämmen, müssen Sie eventuell zusätzlich ein örtlich wirkendes Kortisonpräparat (zum Beispiel Beclomethason oder Budenosid-Schaum) anwenden.

Therapie der Linksseitencolitis (milder bis moderater Verlauf)

Hat sich die Entzündung bereits weiter im Dickdarm ausgebreitet (bis zur linken Dickdarmbiegung), müssen Erkrankte je nach Ausdehnung der Erkrankung normalerweise Mesalazin als Schaum oder Einlauf anwenden und es zusätzlich als Tablette oder Granulat einnehmen. Lässt sich die Entzündungsaktivität damit nicht ausreichend senken, kommt eventuell ein Kortisonpräparat wie Prednisolon als Tablette hinzu.

Behandlung der ausgedehnten Colitis (milder bis moderater Verlauf)

Die Therapie sieht ähnlich aus wie bei der Linksseitencolitis. Die Therapie erfolgt auch hier in der Regel in Form von Granulat (Mesalazin) oder Tabletten (Prednisolon, Budesonid) in Kombination mit Klysmen oder Schaumpräparaten.

Behandlung des schweren Verlaufs (akute Phase)

Wer einen schweren Schub durchmacht, muss meist im Krankenhaus behandelt werden und bekommt intravenös ein Kortisonpräparat verabreicht. Reicht dies nicht aus oder vertragen Sie das Mittel nicht, kommen alternativ sogenannte Immunsuppressiva oder Immunmodulatoren infrage, bei denen es sich oft um Biologika handelt.

Immunsuppressiva und Immunmodulatoren unterdrücken das körpereigene Immunsystem beziehungsweise regulieren die Aktivität des Immunsystems und können auf diese Weise Entzündungen eindämmen. Biologika sind spezielle Eiweißmoleküle, die im weitesten Sinne auch Immunmodulatoren darstellen und mithilfe biotechnologischer Verfahren hergestellt wurden. Sie können entweder intravenös (in eine Vene) oder subkutan (unter die Haut) als Bauchspritze gegeben werden. Neue Substanzen, sogenannte „small molecules“, greifen ebenfalls in das Darmimmunsystem ein und lassen sich als Tablette einnehmen. Die genannten Substanzgruppen können gegen entzündungsfördernde Botenstoffe gerichtet sein oder auch gegen körpereigene Immunzellen.

Folgende Wirkstoffe aus den genannten Medikamentengruppen kommen bei der Colitis ulcerosa häufiger zum Einsatz:

Immunsuppressiva: Ciclosporin A, Tacrolimus, Azathioprin, Mercaptopurin

Biologika: Infliximab, Adalimumab, Golimumab, Ustekinumab, Vedolizumab

Small molecules: Tofacitinib

Momentan befinden sich zahlreiche neue Substanzen in der Endphase der Erforschung, die vermutlich in den kommenden Jahren den Patientinnen und Patienten mit Colitis ulcerosa zur Verfügung stehen werden.

Erhaltungstherapie (Remissionstherapie)

Sind die Beschwerden wieder abgeklungen, sprechen Mediziner von einer Remission. Diese Ruhephase, in der die Krankheit, kaum oder gar keine Probleme bereitet, kann Monate bis Jahre andauern.

Ärztinnen und Ärzte raten, bei mildem bis moderatem Verlauf auch in der Remission weiterhin Präparate wie Mesalazin anzuwenden, um die beschwerdefreie Phase zu verlängern. Kortison eignet sich zur Erhaltungstherapie nicht, da es bei längerfristiger Anwendung zahlreiche Nebenwirkungen hervorrufen kann. Verläuft die Colitis komplizierter und schwerwiegender, kommen Wirkstoffe zum Einsatz, die regulierend in das Immunsystem eingreifen wie Immunsuppressiva oder Biologika.

Probiotika als Alternative?

Probiotika sind lebende oder speziell aufbereitete Mikroorganismen, die entweder Lebensmitteln wie Trinkjoghurts zugesetzt werden oder in Nahrungsergänzungsmitteln in Form von Pulvern oder Kapseln enthalten sind. Lebensmittel wie Joghurt und Kefir enthalten von Natur aus lebende Mikroorganismen. Besonders Milchsäurebakterien wie Lacto- und Bifidobakterien, aber auch der ungefährliche Escherichia coli-Stamm E.coli Nissle und der Hefepilz Saccharomyces boulardii (=cerevisiae) sollen positive gesundheitliche Effekte haben.

Sie können sich im Dickdarm ansiedeln und die Darmflora wieder in Balance bringen, wenn sich diese in einem Ungleichgewicht (Dysbiose) befindet. Sie können das Wachstum von krankmachenden Keimen unterbinden. Daneben beeinflussen sie die Darmbarriere positiv, unterstützen das Immunsystem und können sogar die Schmerzwahrnehmung verändern. Wichtig dabei ist: Wer Probiotika einnimmt, sollte auch Präbiotika essen, die den Bakterien als Futter dienen. Dazu gehören Lebensmittel wie Bananen, Haferflocken, Rote Bete und Kohlgemüse.

Es gibt mehrere vielversprechende Studien, die einen positiven Einfluss von Probiotika auf den Verlauf einer Colitis ulcerosa belegen. So zeigten zum Beispiel Studien, dass E.coli Nissle vergleichbare positive Effekte auf eine Remission der mild bis moderat verlaufenden Colitis hat wie Mesalazin. Eindeutige Daten, dass auch andere Probiotika eingesetzt werden können, liegen derzeit nicht vor. Bisher konnte auch noch nicht gezeigt werden, dass mithilfe von Probiotika ein akuter Entzündungsschub der Colitis ulcerosa behandelt werden kann.

Komplementäre (ergänzende) Therapieverfahren

• Stress reduzieren, zum Beispiel durch Meditieren oder Entspannungs- und achtsamkeitsbasierte Verfahren, wirkt sich günstig auf die Colitis ulcerosa aus.

• Yoga verbessert die Lebensqualität.

• Flohsamenschalen könnten positive Effekte auf die Remission haben.

• Curcumin aus Kurkuma könnte die Remissionsphase verlängern. Auch Zubereitungen aus Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle könnten die Standardtherapie unterstützen.

Operation

Kommt es zu Komplikationen – beispielsweise einem toxischen Megakolon oder lebensbedrohlichen Blutungen – muss der Patient oder die Patientin operiert werden. Auch wenn der Arzt oder die Ärztin Frühstadien eines Dickdarmkrebses feststellt, wird dies nötig. Bei manchen Betroffenen wird der Dickdarm vollständig entfernt, weil die Krankheit einen schweren Verlauf nimmt und keine Medikamente geholfen haben. Die Colitis ulcerosa gilt dann zwar als geheilt, allerdings kann eine solche Operation auch Einschränkungen mit sich bringen.

Entnimmt der Chirurg oder die Chirurgin den Dickdarm, wird normalerweise eine Verbindung vom letzten Dünndarmabschnitt zum Schließmuskel am After hergestellt, um eine Art Ersatzdickdarm zu schaffen. Das nennen Mediziner Pouch (englisch: Beutel). Durch diese Operationsmethode soll eine Stuhlinkontinenz vermieden werden und den Betroffenen bleibt ein dauerhafter künstlicher Darmausgang (Stoma) erspart. Jedoch müssen zunächst alle Nähte an Dünn-, Dickdarm und Pouch verheilen, bevor der Stuhlgang den neuen Weg nimmt. Daher wird in der Erst-Operation häufig ein sogenanntes protektives (schützendes) Stoma angelegt. Hierbei wird eine Dünndarmschlinge nach außen über die Bauchwand abgeleitet. Ein Beutel fängt den Stuhl auf und muss mehrmals täglich entleert werden, da der Stuhlgang im Dünndarm flüssiger ist als im Dickdarm.

Nach einiger Zeit, wenn die Narben der Erst-OP gut verheilt sind, wird der künstliche Darmausgang in einer weiteren, kleineren Operation wieder zurückverlegt und der Stuhlgang nimmt den neuen Weg über den Pouch.

Eine gefürchtete Nebenwirkung nach dieser Operation ist die Pouchitis – eine Entzündung im künstlich geschaffenen „Dünndarmbeutel“. Sie kann akut oder chronisch auftreten und äußert sich unter anderem durch Durchfall, Fieber und starke Bauchschmerzen. Hervorgerufen wird sie meist durch Bakterien im Darm. Bei der akuten Pouchitis setzen Ärztinnen und Ärzte meistens Antibiotika ein, die chronische Form wird wie die Colitis ulcerosa selbst behandelt.

Infektionen erkennen und behandeln

Wer dauerhaft Medikamente einnehmen muss, die die Aktivität des Immunsystems verändern, kann anfälliger für Infektionen werden. Das gilt auch für die Colitis ulcerosa. Die deutsche Ärzteleitlinie zur Colitis ulcerosa empfiehlt, Menschen nach der Diagnose unter anderem auf Hepatitis B, Tuberkulose und Epstein-Barr-Virus (Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers) zu untersuchen. Wer ein immunmodulierendes Mittel verschrieben bekommt, sollte sich erneut testen lassen. Hepatitis-, Cytomegalie-, Varizella-zoster- (Erreger der Gürtelrose) und Epstein-Barr-Viren können durch den Eingriff ins Immunsystem reaktiviert werden. Falls es dazu kommt, müssen Sie die Therapie eventuell unterbrechen oder die Infektion behandeln lassen – jedoch nur in Absprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt!

Impfungen

Menschen, die an Colitis ulcerosa leiden und mit Arzneimitteln behandelt werden, die in das Immunsystem eingreifen, haben unter Umständen ein eingeschränktes Abwehrsystem. Sie können dadurch anfälliger für Infektionskrankheiten wie die Grippe, Erkältungen, Herpesinfektionen und Lungenentzündungen sein. Impfungen sind daher für Menschen mit Colitis ulcerosa von besonderer Bedeutung.

Sogenannte Lebendimpfstoffe enthalten lebende Krankheitserreger, die aber keine Krankheit mehr auslösen können, weil sie entsprechend verändert wurden. Lebendimpfstoffe sollten bei Menschen, die immunmodulierende Medikamente einnehmen, grundsätzlich nicht eingesetzt werden beziehungsweise nur in Phasen, in denen die Mittel pausiert sind.

Sogenannte Totimpfstoffe, zu denen die Mehrzahl der Impfstoffe zählen, lassen sich dagegen in jeder Phase der Erkrankung gut einsetzen. Totimpfstoffe enthalten abgetötete Krankheitserreger. Dazu zählen zum Beispiel die Grippeimpfung sowie die Impfstoffe gegen Pneumokokken, Gürtelrose und Hepatitis B. Die neuen mRNA-Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 zählen zu den Totimpfstoffen. Die Vektorimfstoffe können mit diesen gleichgesetzt werden. Beide enthalten nur die Information des krankmachenden Erregers, die dann zu einer Immunantwort führt. Diese Impfstoffe sind für Menschen ungefährlich.

Sollten Sie an einer Colitis ulcerosa erkrankt sein, klären Sie bitte mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin Ihren Impfstatus und welche Impfungen wann infrage kommen.

Colitis ulcerosa bei Kindern

Kinder, die an dieser Darmkrankheit leiden, bekommen vom Arzt prinzipiell die gleichen Medikamente verabreicht wie Erwachsene. Kortison sollten die jungen Patienten und Patientinnen jedoch allenfalls kurzfristig erhalten, wenn die Alternativen nicht helfen. Denn diese Mittel können unter anderem das Wachstum verlangsamen und die Knochen instabiler machen.

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