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Im Akutfall: Wie geht der Arzt vor?

Bei leichten Blutungen ist meist genügend Zeit für die Diagnostik. Bei einer akuten, womöglich lebensbedrohlichen Blutung entscheidet der Gesundheitszustand des Betroffenen darüber, wie weit in der akuten Phase Untersuchungen möglich und welche Behandlungsmaßnahmen nötig sind.

Es kann sein, dass die Blutung während der ersten Stunden in der Klinik zum Stillstand kommt. Manchmal ist eine Notfalloperation unvermeidlich.

Was der Arzt vom Patienten wissen möchte

Im ersteren Fall ist meist etwas mehr Zeit, um den Patienten ausführlich zu befragen und zu untersuchen.

Dann erkundigt sich der Arzt zunächst genauer nach den Begleitumständen: War das beobachtete Blut hellrot oder dunkelrot? Wie stark ist die Blutung gewesen? Wurden auch Schleim- und Eiterabsonderungen beobachtet? Hinterlässt das Blut ständig oder nur gelegentlich Spuren, etwa auf dem Stuhl oder am Toilettenpapier?

Außerdem fragt der Arzt nach den Stuhlgepflogenheiten und ob hier  Veränderungen aufgefallen sind, zum Beispiel ein wiederholt sehr dunkler bis schwarzer Stuhl. Oder eine ungewohnte Verstopfung oder Durchfall und Verstopfung im Wechsel.

Außerdem fragt der Arzt nach dem Gebrauch  von Abführmitteln und nach weiteren Beschwerden: Ist der Stuhlgang  schmerzhaft? Besteht das Gefühl unvollständiger Entleerung?

Kommt es  häufig zu Blähungen, einem Völle- oder Fremdkörpergefühl, Bauchschmerzen? Fühlt sich der Betroffene allgemein beeinträchtigt, etwa wegen Müdigkeit, Schwäche, Blässe oder ungewollten Gewichtsverlusts?

Ebenfalls wichtig zu wissen: Nimmt der oder die Betroffene ein Mittel zur Blutverdünnung ein, das die Blutgerinnung  herabsetzt? Oder liegt eine bekannte krankhafte Störung der Blutgerinnung vor? Denn beides  kann unter Umständen ebenfalls das Risiko einer Darmblutung erhöhen.

Nach dem Arztgespräch mit Erheben der Krankengeschichte (Anamnese) schließt sich die körperliche Untersuchung an.

Körperliche Untersuchung: Die wichtigsten Organe im Fokus

Liegt die Blutungsursache zum Beispiel mutmaßlich im Bereich des Analkanals, stellt der Arzt die  Diagnose oft schon anhand der Angaben des Patienten sowie durch  Anschauen und Tasten.

Zunächst überprüft der Arzt den After auf  äußerlich erkennbare Blutungsquellen: Verletzungszeichen, Risse,  Schwellungen, Entzündungen, Knoten, Gang- oder Fistelöffnungen, Hämorriden. Bei Verdacht auf vorfallendes Darmgewebe kann ein kurzes Pressmanöver  Klarheit schaffen.

Das Austasten des Analkanals/Mastdarms gehört hier ebenfalls körperlichen Untersuchung. Hinzu kommt die Untersuchung der zentralen Bauch- und Brustorgane und der Bauchwand, der Gefäßpulse, die Kontrolle des Blutdrucks und orientierend ein Check des Nervensystems.

Ultraschalluntersuchung des Bauches

Ultraschalluntersuchung des Bauches

Einblicke in den Darm: Untersuchungstechniken

Unterdessen werden im Labor die relevanten Blutwerte überprüft. Im Anschluss geht es darum, den Darm genauer ins Visier zu nehmen. Vorab kann eine Ultraschalluntersuchung des Bauches und der Leistengegend auf beiden Körperseiten weitere Anhaltspunkte geben.

Wenn der Zustand des Patienten es erlaubt, nimmt im nächsten Schritt ein Spezialist für Enddarmerkrankungen (Proktologe, Koloproktologe) die Spiegelung des Afters und Analkanals (Anoskopie, Proktoskopie) oder des gesamten Mastdarms (Rektoskopie) vor.

Eventuell schließen sich noch weitere Maßnahmen an, etwa Druckmessungen  im Analbereich oder eine Endosonografie des Enddarms (Ultraschalluntersuchung über den Enddarm).

Ist eine Spiegelung des kompletten Darms (Koloskopie) vorgesehen, so führt sie in der Regel ein Magen-Darm-Spezialist (Gastroenterologe) durch. Der Patient muss sich mit einer Darmreinigung auf die Untersuchung vorbereiten. Mehr dazu weiter unten (Abschnitt: "Darmspiegelung: Die beste Methode zur Darmkrebsfrüherkennung").

Wird die Blutungsquelle dagegen im oberen Magen-Darmtrakt vermutet, erfolgt zuerst eine Spiegelung dieses Bereiches (Magenspiegelung, Ösophago-Gastro-Duodenoskopie; das Duodenum ist der Zwölffingerdarm). Die Spiegelungen werden auch als endokopische Untersuchungen bezeichnet. Dabei entnommene Gewebeproben (Biopsien) untersucht ein Spezialist (Pathologe) feingeweblich unter dem Mikroskop.

Bei Bedarf kommen auch spezielle bildgebende Verfahren wie eine Magnetresonanz- oder Computertomografie des Beckens oder Bauches oder eine radiologische Gefäßdarstellung (Röntgen- oder CT-Angiografie) in Betracht. Näheres in den einzelnen Kapiteln und Abschnitten dieses Beitrags.

Darmkrebs-Früherkennung

Die Entwicklungszeit von Darmkrebs beträgt im Allgemeinen etwa zehn bis 15 Jahre. Erkennen und Entfernen von Krebsvorstufen (Polypen) kann die Entstehung von Darmkrebs verhindern und die Zahl der Todesfälle durch die Erkrankung senken.

Wie läuft das eigentliche Screening ab? Schwerpunktmäßig geht es um folgende Gruppe:

1. Kein erhöhtes Darmkrebsrisiko bekannt, keine "verdächtigen" Beschwerden

  • Versicherte im Alter von 50 bis 54 Jahren können einmal jährlich ihren Stuhl auf nicht sichtbares Blut untersuchen lassen.   Hintergrund: Tumoren im Darm und ihre Vorstufen können Blutspuren im Stuhl erzeugen. Polypen sind Wucherungen der Darmschleimhaut. Sie sind zwar gutartig, können jedoch in Krebs (Karzinome) übergehen.

Entscheidend ist, dass die Screening-Tests nicht sichtbares (okkultes) Blut recht zuverlässig erfassen können. Dabei „markieren“ spezielle Stoffe (Antikörper) in den für das Screening empfohlenen Stuhltests (immunologische fäkale Okkultbluttests, abgekürzt iFOBT)) den Farbstoff Hämoglobin aus dem menschlichen Blut.

Ein positives Testergebnis bedeutet nicht automatisch Darmkrebs. Es gibt jedoch Anlass zu einer zeitnahen endoskopischen Untersuchung des gesamten Dickdarms (Koloskopie), um auffällige Befunde auszuschließen oder behandeln zu können.

Alternativ bietet das Screeningprogramm zwei Früherkennungskoloskopien an.

  • Männer können sie ab 50 Jahren das erste Mal in Anspruch nehmen. Bei unauffälliger erster Untersuchung ist die zweite frühestens zehn Jahre später vorgesehen. Wer erst mit 65 Jahren einsteigt, hat nur noch Anspruch auf eine Früherkennungskoloskopie.
  • Für Frauen gilt diese Regelung ab 55 Jahren. Wissenschaftliche Daten haben gezeigt, dass sich das Risiko bei ihnen etwas anders entwickelt.
Endoskopisches Bild eines Darmpolypen (dunkleres Gebilde in Bildmitte)

Endoskopisches Bild eines Darmpolypen (dunkleres Gebilde in Bildmitte)

Darmspiegelung: Die beste Methode zur Darmkrebsfrüherkennung

Obwohl als Methode insgesamt etwas aufwendig und zugegeben auch etwas lästig, hat die Dickarmspiegelung den großen Vorteil, dass Krebsvorstufen wie oben beschrieben nicht nur festgestellt, sondern meist sofort entfernt und feingeweblich untersucht werden können.

Sicherheitshalber muss die Kontroll-Darmspiegelung bei solchen Befunden in kürzeren Zeitabständen wiederholt werden: meist nach drei bis fünf Jahren oder auch früher.

Stellt sich bei der Koloskopie eine größere Geschwulst heraus, die sich
endoskopisch nicht sofort entfernen lässt, nimmt der Arzt zunächst Gewebeproben (Biopsie). Das weitere Vorgehen hängt dann wiederum vom genauen Befund ab.

! Wichtig: Die vollständige, fachgerecht durchgeführte Dickdarmspiegelung (Koloskopie) hat die höchste Treffsicherheit für das Auffinden von Polypen und Krebsgeschwülsten im Dickdarm. Deshalb gilt sie als „Goldstandard“ der Darmkrebsfrüherkennung.

Dr. Wolfgang Wegerle

Darmspiegelung: Gründe, Vorteile, Risiken

Die Darmspiegelung stellt die wichtigste Methode zur Früherkennung von Darmkrebs dar. Der Gastroenterologe untersucht dabei den Darm mit Hilfe eines schlauchartigen Instruments, dem Endoskop zum Artikel

  • Männer und Frauen haben aber auch die Möglichkeit, weiterhin einen Stuhltest auf unsichtbares Blut im Stuhl durchführen zu lassen, falls sie keine Darmspiegelung in Anspruch nehmen. Dies gilt ab dem Alter von 55 Jahren (alle zwei Jahre). Ist ein Stuhltest auffällig, wird eine Früherkennungskoloskopie angeboten.

Schriftliche Einladung zum Screening

  • Alle Versicherten ab 50 werden schriftlich von ihrer Krankenkasse zur Teilnahme am Darmkrebs-Screening eingeladen. Wer nicht widerspricht, erhält mit 55, 60 und 65 Jahren Folgeeinladungen. Stichtag des solchermaßen neu organisierten Screenings soll der 1. Juli 2019 sein.

Das Einladungsschreiben erläutert auch die Vor- und Nachteile der Teilnahme. Es erklärt die verschiedenen Untersuchungsmöglichkeiten und wie sie ablaufen.

Auch ohne den Erhalt eines Einladungsschreibens ist die Inanspruchnahme des Darmkrebs-Screenings möglich. Am besten wendet man sich an den Hausarzt. Frauen können auch ihren behandelnden Gynäkologen aufsuchen, Männer ihren Urologen.

Darmkrebs

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Infografik Darmkrebs

Darmpolypen: Ursachen, Risiken, Behandlung

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2. Wenn das Risiko für Darmkrebs erhöht ist

Unter bestimmten Voraussetzungen ist von einem erhöhten Darmkrebsrisiko auszugehen. Das beeinflusst die Untersuchungsintervalle und Maßnahmen bei der Darmkrebsfrüherkennung. Das heißt, es handelt sich nicht mehr um das allgemeine Screening. Vielmehr werden daraus regelmäßige, teils auch umfangreichere Kontrolluntersuchungen mit sogenannten Überwachungskoloskopien für bestimmte Patientengruppen:

  • Bei familiär erhöhtem Darmkrebsrisiko für spontan auftretenden Darmkrebs (familiärer Darmkrebs);
  • Bei erhöhtem Risiko für erblichen Darmkrebs (erbliche, nicht polypöse Darmkrebserkrankung, HNPCC)
  • Bei erblichen Polypenerkrankungen (erbliche Polyposis-Syndrome wie familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) oder andere Polyposis-Erkrankungen);
  • Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie zum Beispiel Colitis ulcerosa.

Dazu nachfolgend mehr.

  • Familiärer Darmkrebs

Mehrere Fälle von Darmkrebs in einer Familie lassen eine genetische Veranlagung zwar vermuten, beweisen sie aber nicht. Dazu sind die genetischen Grundlagen noch nicht ausreichend erforscht.

Allerdings haben Verwandte ersten Grades, also Eltern, Geschwister und Kinder eines Patienten mit Darmkrebs ein etwa zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko, selbst an Darmkrebs zu erkranken.

Das Erkrankungsrisiko ist nochmals drei- bis vierfach höher, wenn das Familienmitglied im Alter unter 60 Jahren die Diagnose Darmkrebs erhielt oder wenn mehr als ein erstgradig Verwandter daran erkrankt ist.

Den gesunden Verwandten wird daher empfohlen, früher als beim normalen Screening vorgesehen eine Darmspiegelung als Früherkennungsuntersuchung durchführen zu lassen: spätestens mit 40 bis 45 Jahren oder ab dem Alter, das mindestens zehn Jahre unter dem Erkrankungsalter des betroffenen Angehörigen liegt.

Ist alles in Ordnung, sollten sie mindestens alle zehn Jahre eine weitere Darmspiegelung vornehmen lassen.

Erstgradig Verwandte von Patienten, bei denen im Alter unter 50 Jahren ein Polyp des Dickdarms (Fachbegriff: kolorektales Adenom) festgestellt wurde, haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Darmkrebs. Sie sollten erstmals zehn Jahre vor dem Diagnosealter des Verwandten eine Früherkennungs-Darmspiegelung durchführen lassen.

War der Darm bei der Erstuntersuchung frei von Polypen, sollten weitere Koloskopien mindestens alle zehn Jahre stattfinden. Wurden ein oder mehrere Polypen festgestellt (und entfernt/analysiert), richtet sich das weitere Vorgehen nach den medizinischen Vorgaben für solche Befunde.

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  • Erblicher Darmkrebs

Erbliche Darmkrebsformen sind selten. Ihr Anteil an allen Darmkrebserkrankungen beträgt etwa fünf Prozent. Doch sie treten bei jüngeren Menschen auf und können schneller entstehen als nicht erblicher Darmkrebs.

Mittlerweile sind in diesem Zusammenhang verschiedene Genveränderungen (Mutationen) entdeckt worden. Je nach Erkrankung oder Verlaufsform lässt sich häufig eine verantwortliche Mutation bei den Betroffenen nachweisen.

Bei den erblichen, nicht polypösen Darmkrebserkrankungen (abgekürzt HNPCC) ist das zum Beispiel in bis zu 90 Prozent der Fälle möglich, bei der klassischen familiären Polyposis (FAP) in 70 bis 80 Prozent (mehr dazu jeweils nachfolgend).

Wird die genetische Anlage frühzeitig erkannt, können die Betroffenen intensiv vorsorgen, gegebenenfalls auch bestimmte Behandlungswege einschlagen.

! Info: Patienten und ihre Angehörigen sollten sich in einem Zentrum für familiären Darmkrebs beraten lassen. Das Verbundprojekt "Familiärer Darmkrebs" der deutschen Krebshilfe ist ein Zusammenschluss von qualifizierten Zentren, in denen Spezialisten verschiedener medizinischer Fachgebiete betroffene Familien beraten.

Über die deutsche Gesellschaft für Humangenetik ist ein Adressverzeichnis genetischer Beratungsstellen erhältlich (Infos unten am Textende).

In den jeweiligen Einrichtungen ist man umfassend auf die entsprechende Diagnostik und Früherkennung spezialisiert und kann auch über Möglichkeiten der psychosozialen Beratung und Betreuung informieren.

Das Beratungsangebot wird von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt und richtet sich sowohl an erkrankte wie an nicht erkrankte Blutsverwandte ersten Grades. Der Hausarzt kann den/die Betroffenen, eventuell auch nach einer ersten Beratung beim behandelnden Gastroenterologen, an eine entsprechende Stelle überweisen.

HNPCC-/Lynch-Syndrom
Diese häufigsten Varianten einer erblichen  Darmkrebserkrankung betreffen Menschen mit der Veranlagung für erblichen  Darmkrebs ohne Polyposis, also ohne viele Polypen. Vereinfachend wird hier die Bezeichnung HNPCC-Syndrom als Oberbegriff verwendet.

Die Abkürzung HNPCC steht  für erbliches, nicht polypöses Kolonkarzinom. H = hereditär oder  erblich, NP = nicht Polyposis, CC =  Kolonkarzinom. Aber: Aus jedem einzelnen Polyp kann Krebs werden.

Nachweismöglichkeiten  der genetischen Faktoren betreffen hier das Tumorgewebe des Erkrankten  und gegebenenfalls eine anschließende Untersuchung seines Blutes auf eine entsprechende Genmutation.

Dafür sollten  spezielle Voraussetzungen erfüllt sein, die in den sogenannten  Amsterdam-II- und den überarbeiteten Bethesda-Kriterien zur  Diagnose des HNPCC festgehalten sind.

Diagnose HNPCC: Was heißt das für gesunde Verwandte?

Lässt sich ein HNPCC nachweisen, können sich auch gesunde Verwandte ersten Grades testen lassen. Voraussetzungen  für den Gentest bei einer gesunden Risikoperson sind immer die  zweifelsfrei nachgewiesene Genveränderung bei einem erkrankten  Familienmitglied (das ist der sogenannte Indexpatient) sowie eine  angemessene genetische Beratung möglichst vor dem 25. Lebensjahr. Auf dieser Basis kann jeder, im Allgemeinen  ab dem 18. Lebensjahr, für sich selbst über den Gentest entscheiden – eingehend  informiert und sorgfältig überdacht.

Ein richtungweisendes Testergebnis eröffnet dann die Chance  einer vorsorgenden Früherkennung. Das Risiko, die Anlage geerbt zu  haben, liegt bei 50 Prozent, wenn ein Elternteil das veränderte  dominante (bestimmende) Genmerkmal besitzt. Das Risiko, an Darmkrebs zu  erkranken, beträgt hier etwa 50 bis 70 Prozent.

Bei HNPCC kommen mitunter auch noch weitere bgeleitende Krebserkrankungen vor, zum Beispiel  Magen- oder Dünndarmkrebs (vor allem im Zölffingerdarm), Krebs der ableitenden Harnwege, der  Gebärmutter (Gebärmutterkörper- beziehungsweise Endometriumkarzinom; Häufigkeit: 20 bis 60 Prozent), Eierstockkrebs, Hautkrebs, selten auch  bestimmte Hirntumoren.

Daher wird Merkmalsträgern eine intensivierte  Krebsfrüherkennung empfohlen: jährliche körperliche Untersuchungen und  Darmspiegelungen ab 25 Jahren, dazu ab 35 Jahren jährliche  Magen- und Zwölffingerdarmspiegelungen. Eine vorbeugende Entfernung des Dickdarms (Kolektomie)  beziehungsweise  des Dickdarms/Mastdarms (Proktokolektomie) wird Trägern  der  HNPCC-Mutation nicht empfohlen.

Besonderheiten bei Frauen

Zusätzlich sind bei Frauen ab 25  Jahren jährliche gynäkologische Ultraschalluntersuchungen (sogenannte transvaginale Sonografien) und ab 35  Jahren jährliche feingewebliche Untersuchungen der  Gebärmutterkörper-Schleimhaut vorgesehen.

Frauen, die ihre Familienplanung  abgeschlossen haben, können sich mit den behandelnden Ärzten über die  Möglichkeit einer vorbeugenden Entfernung der Gebärmutter und Eierstöcke  beraten.

Was bedeutet Polyposis?

Polyposis heißt, dass im Darm, vor allem im Dickdarm, viele Polypen wachsen. Je nach Krankheitsbild – dabei geht es stets um erbliche Erkrankungen – können es weit über hundert sein.

Häufig entsprechen die Polypen zunächst gutartigen Adenomen. Die  ererbten, manchmal auch spontan auftretenden Genveränderungen  (Mutationen) setzen jedoch bestimmte Kontrollvorgänge in den Zellen der  Polypen und anderen Körpergeweben außer Kraft.

Daher geht eine solche Polyposis unbehandelt praktisch immer in Krebs über, häufig schon in relativ jungen Jahren.

Zudem können noch weitere, auch bösartige Begleiterkrankungen auftreten. Umso wichtiger sind umfassende Früherkennungsuntersuchungen und, soweit möglich, Behandlungsmaßnahmen. 

Neben den Polyposen mit Adenomen gibt es noch andersartige, sehr seltene erbliche Polypenerkrankungen, die ebenfalls das Risiko für Darmkrebs und teilweise weitere Krebserkrankungen erhöhen. Sie haben häufig Eigennamen in Verbindung mit dem Wort "-Syndrom".

Typische Symptome fehlen bei Polyposis meist. Die Diagnose ist, sofern sie noch niemand in der Familie erhalten hat, daher oft ein Zufallsbefund. Erst im weiteren Verlauf können Beschwerden wie Stuhlunregelmäßigkeiten, Durchfall, Blut- und Schleimbeimengungen im Stuhl, Gewichtsverlust auftreten. Bei Begleiterkrankungen sind weitere Beschwerden möglich.

Ultraschall der Schilddrüse: Für FAP-Patientinnen wichtig

Ultraschall der Schilddrüse: Für FAP-Patientinnen wichtig

Familiäre adenomatöse Polyposis (FAP)
Bei der klassischen FAP bilden sich schon in jungen Jahren oft weit über hundert zunächst gutartige Polypen im gesamten Dickdarm (Polyposis). Varianten gehen mit weniger Polypen einher. Da aus den Polypen bei FAP nahezu ausnahmslos bösartige Veränderungen entstehen, sind intensive Vorsorge und Therapie hier lebensrettend.

Letztere besteht in einer vorsorglichen, die Kontinenz erhaltenden Entfernung des Dickdarms und Mastdarms (Proktokolektomie), im Allgemeinen nach Abschluss der Pubertät, aber – dies gilt als Orientierungswert – noch vor dem 20. Lebensjahr. Das heißt: Patienten mit klassischer FAP sollten auch unabhängig vom Ergebnis der Gentestung und wann immer möglich vorbeugend operiert werden.

Auch bei der FAP können in weiteren Organen gut- und bösartige Gewebeneubildungen auftreten, etwa im Zwölffingerdarm oder in der Schilddrüse, besonders bei Frauen. Dies wird bei der Früherkennung mit berücksichtigt. So wird FAP-Patientinnen ab dem 15. Lebensjahr zum Beispiel eine jährliche Sonographie der Schilddrüse angeboten.

Ließ sich bei einem Patienten mit gesicherter Diagnose die verantwortliche Genveränderung nachweisen, können sich auch blutsverwandte Familienmitglieder darauf untersuchen lassen: Auch hier besteht für die Nachkommen ersten Grades eines Erkrankten ein Risiko von 50 Prozent, die Anlage zu erben (autosomal-dominanter Erbgang).

Der Gentest kann im Rahmen einer umfassenden humangenetischen Beratung im Anwesenheit eines Erziehungsberechtigten ab dem 10. Lebensjahr durchgeführt werden.

Allen Verwandten ersten Grades, welche die Genveränderung im sogenannten APC-Gen tragen oder bei denen sich diese nicht ausschließen lässt, werden unbedingt jährliche Früherkennungsuntersuchungen in Form einer Rekto-Sigmoidoskopie, das heißt Spiegelung des Enddarms und des sich oberhalb anschließenden Sigmadarms (eine Art verkürzte Koloskopie) empfohlen. Dies möglichst schon ab dem Alter von zehn Jahren.

Bei bestimmten Mutationen oder sehr frühem Auftreten von Darmkrebs in der Familie oder bei verdächtigen Veränderungen mit möglichem Bezug zu einer FAP werden die Ärzte den Beginn der Vorsorge bereits zu einem früheren Zeitpunkt ins Auge fassen.

Treten Polypen (Adenome) auf, ist bis zum Zeitpunkt der Operation jährlich eine vollständige Dickdarmspiegelung dringend empfehlenswert.

Spezielle erbliche Polypenerkrankungen

Dabei geht es um die noch selteneren Fälle, bei denen andere erbliche Polypenarten vorliegen, sogenannte nicht-adenomatöse Polyposis-Syndrome. Sie beinhalten zum Beispiel Erkrankungen wie Peutz-Jeghers-Syndrom, familiäre juvenile Polyposis und Cowden-Syndrom. Erkrankte (und Anlageträger) haben ein erhöhtes Risiko für Dickdarmkrebs und weitere Tumoren.

Andere Risikokrankheiten

Auch Patienten, die eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung wie zum Beispiel eine Colitis ulcerosa haben, leben mit einem erhöhten Risiko für Darmkrebs. Zu den Vorsorgeempfehlungen finden Sie in den jeweiligen Abschnitten im Kapitel "Ursachen im Dickdarm, Mastdarm, Dünndarm" weitere Informationen.

Weitere Infos:

https://www.krebshilfe.de/helfen/rat-hilfe/familiaerer-krebs/zentren-fuer-familiaeren-darmkrebs/
https://www.gfhev.de/de/beratungsstellen/beratungsstellen.php
www.hnpcc.de
https://www.familienhilfe-polyposis.de
S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom, Januar 2019 (siehe Kapitel "Fachliteratur")